Vorwort: Neue Chancen
Dass der Baubestand zurzeit für 40% der CO2 Emissionen verantwortlich ist gibt uns die große Chance, genau hier mit kluger Planung auch 40% der CO2 Emissionen einzusparen und damit vom Teil des Problems zu einem Teil der Lösung zu werden.
Entsprechend überschlagen sich im aktuellen Bundestagswahlkampf gut gemeinte umweltpolitische Mahnungen, dass Architektur und Planung einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten müssten. Und auch wenn das Bewusstsein für dieses wichtige Handlungsfeld damit zwar allgemein geschärft wird, bleibt meist offen, wie hier konkrete und messbare Erfolge erzielt werden können. Im Unterschied dazu arbeiteten wir im Berichtszeitraum nicht nur konkrete und umsetzbare Gesetzesvorschläge, sondern verdeutlichen dieses auch regelmäßig an Best-Practice Beispielen, wie etwa im Rahmen der gemeinsam mit der DGNBDGNB Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. ins Leben gerufenen „Phase Nachhaltigkeit“.
Die auf uns Architektinnen, Innenarchitekten, Landschaftsarchitektinnen und Stadtplanern ruhende Verantwortung für nichts Geringeres als den Fortbestand unseres Planeten ist uns bewusst, und wir setzen täglich im Kleinen und Großen entsprechende Planungen um. Umso erschreckender ist es, dass damit einerseits umfassende Verantwortung und Haftung verbunden sind und andererseits die notwendigen Rahmenbedingungen immer wieder in Frage gestellt werden. So sind die Qualität sichernde Unabhängigkeit der Planung von der Bauausführung, die Sicherung unserer flexiblen und damit krisenfesten Bürostrukturen und nicht zuletzt eine auskömmliche Vergütung Voraussetzungen dafür, dass wir unserer großen umwelt- und gesellschaftsgestaltenden Verantwortung nachkommen können. Insbesondere die kommunalen Auftraggeber haben nach dem Wegfall der verbindlichen Honorarsätze der HOAIHOAI Honorarordnung für Architekten und Ingenieure einen unerbittlichen Preiskampf um Honorare in Gang gesetzt, dem wir argumentativ deutlich entgegentreten. Denn schon an den niedrigen Basiswerten der HOAI ausgerichtete Ausschreibungen verlangen zudem noch Preisabschläge, obwohl die ausgeschriebenen Leistungen in Umfang und Komplexität eindeutig zugenommen haben.
Dieser eklatante Widerspruch wird ganz besonders deutlich, wenn man sich der ausdrücklich geäußerten Wertschätzung für die Leistungen der Architektinnen und Stadtplaner durch die Europäische Kommission, vertreten durch die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, gewahr wird. Eindrucksvoll wird hier unter dem Titel „Neues Europäisches Bauhaus“ auf die Schaffenskraft und Kreativität der planenden Berufe zur Umsetzung der grünen Transformation verwiesen. Und gleichzeitig hat genau dieselbe EUEU Europäische Union Kommission den zuvor genannten ruinösen Preiswettbewerb mit ihrer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die verbindlichen Sätze der HOAI in Gang gesetzt. Natürlich setzen wir den Dialog mit der EU Kommission zur Auflösung dieses Widerspruches fort.
In dem aktuellen Bundestagswahlkampf und insbesondere bei den nachfolgenden Koalitionsverhandlungen werden wir also unsere Expertise und unseren Rat in die politischen Verhandlungen einbringen, um diese Zusammenhänge zu verdeutlichen und ein klares Bekenntnis der Politik zu einem qualitätsbasierten Leistungswettbewerb mit Blick auf die umfassenden klimarelevanten Planungsaufgaben einfordern. Der vorliegende Bericht gibt hierzu einen Überblick über die komplexen Handlungsfelder der Bundesarchitektenkammer, die ohne den großen ehren- und hauptamtlichen Einsatz nicht erfolgreich bearbeitet werden könnten.
In diesem Sinne danken wir allen Beteiligten und freuen uns auf die Fortsetzung unserer gemeinsamen berufspolitischen Arbeit.
Ihre Andrea Gebhard, Präsidentin und Dr. Tillman Prinz, Bundesgeschäftsführer der Bundesarchitektenkammer