7. Qualität der gestalteten Umwelt durch qualifizierte Planende sichern

Freie Berufe

Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 4.7.2019 darauf hingewiesen, dass das System zur Qualitätssicherung von Planungsleistungen in Deutschland inkohärent sei, da diese Leistungen auch von Personen erbracht werden dürfen, die ihre fachliche Qualifikation nicht nachgewiesen haben. Die Verantwortung für die Gestaltung der gebauten Umwelt sollte daher Personen vorbehalten sein, die ihre Qualifikation in den Fachrichtungen Architektur, Landschaftsarchitektur, Stadtplanung, Innenarchitektur oder des Bauingenieurswesens nachgewiesen haben und einer beruflichen Aufsicht unterliegen. Einschlägige Mitgliedschaften in Berufsverbänden leisten einen zusätzlichen Beitrag zur Sicherstellung der Qualifikation der Berufsangehörigen.   


7.1 Inwieweit werden Sie sich dafür einsetzen, dass auf Bundes- und Länderebene Planungsleistungen als Vorbehaltsaufgabe von Architektinnen, Stadtplanern und Ingenieuren beispielsweise wie in Spanien geregelt werden?

SPD

Planungsleistungen sind in Deutschland nicht bestimmten Berufsständen vorbehalten, die einer zwingenden berufs- oder kammerrechtlichen Aufsicht in Bezug auf ihre Qualifikation unterliegen, sondern neben Architekten und Ingenieuren können diese Leistungen auch von anderen, nicht reglementierten Dienstleistern erbracht werden. Um aus Planungsaufgaben Vorbehaltsaufgaben zu machen – bei Architekten ist nur die Berufsbezeichnung geschützt, nicht wie bei Ärzten oder Rechtsanwälten die Berufsausübung – müssten 16 Länderarchitektengesetze und 16 Bauordnungen geändert werden. Hier fehlt dem Bund die Gesetzgebungskompetenz: Architektenrecht und Bauordnungsrecht sind Ländersache.

Der EuGHEuGH Europäischer Gerichtshof hatte die Vereinbarkeit der verbindlichen Mindestsätze mit EUEU Europäische Union-Recht mit der Begründung abgelehnt, dass in Deutschland Planungsleistungen auch von

nicht hierfür qualifizierten Personen erbracht werden dürfen. Grundsätzlich gilt, dass die Planungsleistungen von Architekt*innen, Stadtplaner*innen oder Ingenieur*innen zu erbringen sind.

GRÜNE

Wir GRÜNE möchten an der bisherigen Praxis festhalten und über diese Frage einen offenen Dialog mit den planenden Berufen, der Bauwirtschaft und Bauindustrie sowie den Handwerkskammern führen.

FDP

Wir Freie Demokraten sind davon überzeugt, dass die Berufsgrundsätze der Architektinnen, Stadtplanern und Ingenieuren in den zurückliegenden Jahrzehnten die Basis für qualitätvolles Planen und Bauen in Deutschland war. Die durch die Landesarchitektenkammern geführte Architektenliste und die Architekten- und Baukammergesetze der Länder sichern diese Qualität und bieten eine hohe Transparenz gegenüber Dritten. Zusätzliche staatliche Eingriffe sind deshalb aus unserer Sicht momentan nicht erforderlich.

DIE LINKE

Das Bauen und die Stadtentwicklung prägen die Städte und Orte auf Jahrzehnte und darüber hinaus. Deshalb, aber auch aus Gründen der Sicherheit und des Umweltschutzes, sehen wir es als selbstverständlich an, dass nur entsprechend qualifizierte Fachkräfte für Planungsleistungen herangezogen werden. Zur Art der Umsetzung einer solchen Regelung haben wir uns noch keine abschließende Meinung gebildet.      

CDU/CSU

Der Europäische Gerichtshof hat die verbindlichen Mindest- und Höchsthonorare der HOAIHOAI Honorarordnung für Architekten und Ingenieure für unvereinbar mit der EU-Dienstleistungsrichtlinie erklärt. Die unionsgeführte Bundesregierung hat deshalb die Erste Verordnung zur Änderung der HOAI beschlossen. Auch wenn es für Planungsleistungen keine verbindlichen Höchst- und Mindestsätze mehr geben wird, bleibt die HOAI eine verlässliche Grundlage für Architekten, Stadtplaner und Ingenieure. Wir wollen in der kommenden Legislaturperiode prüfen, inwiefern wir eine angemessene Honorierung von Planungsleistungen unter Berücksichtigung des Europarechts weiter sicherstellen und inwiefern Qualitätsstandards und Lebenszykluskosten im Vergaberecht stärker berücksichtigt werden können. Dazu gehört auch die Frage, inwiefern bestimmte Planungsleistungen als Vorbehaltsaufgabe von diesen Berufen geregelt werden können. Wettbewerb darf nicht zu Lasten der Qualität gehen, zumal durch schlechte Planungen langfristig höhere Kosten entstehen können. Ausgehend von dieser Prüfung wollen eine Über-prüfung der Leistungsbilder in Bezug auf neue Anforderungen, insbesondere der Digitalisierung, und der Tafelwerte vornehmen.

AfD

Keine weitere Aufweichung der Bauvorlageberechtigung.


7.2 Wie werden Sie sicherstellen, dass der international gute Ruf der deutschen Architekten-, Stadtplanerinnen- und Ingenieurausbildung bei den wachsenden Anforderungen an Lehre und Forschung gestärkt wird?

SPD

rchitekten-, Stadtplaner- und Ingenieur*innen sind zentrale Partner bei der Modernisierung und dem anstehenden Umbau unserer Städte und Gebäude. Expertise, Qualität, neue technologische Herausforderungen und Bezahlbarkeit müssen mit gesellschaftlichen Herausforderungen wie Klimawandel, Mobilitätswende, bezahlbarem Wohnraum und einer in vielfältigem Sinne nachhaltigen Stadtentwicklung kombiniert werden. Das muss sich in der Ausbildung widerspiegeln. Die Anforderungsprofile von Planern und Architekten verändern sich unter dem Einfluss einer sich permanent weiter entwickelnden Globalisierung und Urbanisierung.

Wir wollen die Präsenz deutscher Planung im Ausland und auf ausländischen Märkten stärken und Exportbemühungen unterstützen und umgekehrt das daraus entstehende Know-how an die deutschen Hochschulen zurückspielen. Der erste Schritt dazu ist eine offene und international ausgerichtete Ausbildung. Nicht nur die berufliche Praxis braucht den Austausch, sondern auch die Lehre und Forschung an den Hochschulen und das Studium selbst. Nur so lassen sich Kreativität, Know-how und praxisnahe technische Umsetzungsexpertise in der Lehrpraxis der Hochschulen auf internationalem Niveau immer wieder erneuern.

GRÜNE

Im Bereich Architektur und Ingenieurwesen wollen wir GRÜNE Forschung und Ausbildung stärken, insbesondere die Ressortforschung im Bereich ökologischer Baustoffe und Klimaschutz, sowie Wohngesundheit. Durch entsprechende Förder- und Forschungsprojekte des Bundes wollen wir die Nutzung von ökologisch vorteilhaften Baustoffen in der Berufsausbildung und beruflichen Weiterbildung von allen Bauberufen und im Architektur- und Bauingenieur-Studium besser verankern. Generell gilt: Nur wenn die Lehre und die Lernbedingungen gut sind, können alle erfolgreich studieren und aus sich rausholen, was in ihnen steckt. Wir wollen die staatlichen Hochschulen weiter stärken und hochwertige Studienqualität dauerhaft sicherstellen.

FDP

Keine Antwort eingegangen.

DIE LINKE

Architektinnen und Architekten, Ingenieurinnen und Ingenieure und Stadtplanerinnen und Stadtplaner müssen mehr denn je durch ihr Studium sowie durch fortwährende Weiterbildungsangebote befähigt werden, ihren Beruf auf hohem Niveau auszuüben. Voraussetzung ist ein umfassendes Studium und eine solide schulische Ausbildung. Es sollten alle Möglichkeiten genutzt werden, bereits frühzeitig Schülerinnen und Schüler für diese Berufe zu interessieren und zu befähigen. DIE LINKE steht deshalb für einen klaren bildungspolitischen Richtungswechsel, der mehr Mittel, engagiertes, hoch motiviertes und sozial abgesichertes Personal und moderne Institutionen braucht. Der sozialen Auslese begegnen wir mit der Abschaffung von Studiengebühren und der Einführung eines elternunabhängigen und bedarfsdeckenden BaföG. Nur so lässt sich auch auf Dauer das hohe Niveau der Ingenieur*innen-, Planer*innen- und Architekt*innen-Ausbildung in hinreichendem Umfang sichern.

CDU/CSU

Die Zuständigkeit für die Studien- und Prüfungsordnungen liegt bei den Hochschulen und den Ländern. Gleichwohl wollen CDU und CSU ein engmaschiges Technologiemonitoring prüfen, um mögliche Anpassungsbedarfe frühzeitig zu detektieren und vor allem zu kommunizieren.

AfD

Erhalt der traditionellen Ingenieursausbildung und der entsprechenden Studienabschlüsse.


7.3 Werden Sie sich bei der anstehenden Novelle der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie für die Anhebung der Mindestqualifikation für Architektinnen und Stadtplaner auf den weltweit anerkannten Standard von 5 Jahren Mindeststudienzeit (und 2 Jahre berufspraktischer Erfahrung) einsetzen und die Forderung der planenden Berufe nach einem System der gegenseitigen Anerkennung der Berufsqualifikationen auf einem hohen Ausbildungsniveau unterstützen?

SPD

Keine Antwort eingegangen.

GRÜNE

Wir stehen hinter dem europäischen Gedanken und setzen für die europäische Integration ein. Die wechselseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen im europäischen Kontext wollen wir deshalb in allen Bereichen weiterentwickeln. Im Rahmen einer Reform der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie gilt es einerseits ein hohes Ausbildungsniveau zu sichern und andererseits die Grenzen der innereuropäischen Mobilität von Fachkräften abzubauen. Beides wollen wir in Einklang bringen. Der international gute Ruf der Architektur- und Ingenieur-Studiengänge wird aus unserer Sicht in erster Linie vor allem durch die staatlichen Hochschulen erhalten, die die Studien- und Prüfungsordnungen auch im eigenen Interesse ausgestalten.

FDP

Wir Freie Demokraten engagieren uns für einen europäischen Binnenmarkt und treten für eine umfassendere wechselseitige Anerkennung von Studien- und Berufsabschlüssen ein. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass Qualitätsunterschiede in der Ausbildung an Bedeutung verlieren. Die Ausbildung von Architekten und Ingenieuren in Deutschland hat sich bewährt und genießt international Anerkennung. Im Rahmen der Harmonisierung dürfen diese Standards nicht aufgegeben werden. Ein Standard von fünf Jahren akademischer Ausbildung zuzüglich einer zweijährigen Praxiszeit bei Architekten sichert eine hohe Qualität. Mindestens sind aber vier Jahre Vollzeitstudium bei der akademischen Ausbildung notwendig. 

DIE LINKE

DIE LINKE will grundsätzlich hohe Standards in der Ausbildung und somit eine gute Qualifizierung sichern. Denn nur eine Qualifikation auf hohem fachlichen Niveau sowie zeitgemäße und kontinuierliche Aus- und Weiterbildung schaffen die Voraussetzung für eine gut entlohnte Arbeit und eine stabile soziale Sicherung. Wir wollen keinen Unterbietungswettlauf und Verdrängungswettbewerb, sondern Menschen fördern, damit sie die notwendigen Abschlüsse, Zertifikate und auch Praxiserfahrungen erwerben können. In dieser Hinsicht unterstützt DIE LINKE die Anhebung der Mindestqualifikation auf den internationalen Standard von fünf Jahren Mindeststudienzeit zuzüglich zwei Jahre Berufspraxis. So kann ein System der gegenseitigen Berufsanerkennung auf einem hohen Ausbildungsniveau geschaffen werden.

CDU/CSU

Keine Antwort eingegangen.

AfD

Die AfD will eine Abkehr von Modularisierung und Kompetenz-Orientierung und die bewährten Diplom- und Magisterstudiengänge wieder einführen.


7.4 Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Anteil der MINT-Fächer in der Ingenieurausbildung auf mindestens 70% angehoben wird?

SPD

Keine Antwort eingegangen.

GRÜNE

Die Ingenieurausbildung zeichnet sich traditionell durch einen hohen Anteil naturwissenschaftlicher Fächer aus. Dies ist aus unserer Sicht sinnvoll, um Studierende bestmöglich auf die komplexen Anforderungen des Berufsbildes Ingenieur/in vorzubereiten. Der Anteil der MINT-Fächer in der Ingenieurausbildung ist ein wichtiger Faktor, garantiert als rein quantitative Vorgabe alleine aber nicht eine hohe Qualität der Ausbildung. Bei einer verbindlichen Erhöhung der MINT-Quote ist zudem berücksichtigen, dass dies die Freiheit der Hochschulen in der Gestaltung der Curricula und die Flexibilität der Ausbildung einschränkt.

FDP

Keine Antwort eingegangen.

DIE LINKE

DIE LINKE befürwortet bundeseinheitliche Regelungen zur Anerkennung von Berufsqualifikationen. Wir möchten verhindern, dass Flickenteppiche aufgrund landesrechtlicher Kriterien zum Nachteil der Absolvent:innen entstehen. Nach unserer Auffassung ist dieses Problem für die Anerkennung des Ingenieurstitel nicht gegeben, da die landesrechtlichen Regelungen jeweils eine bundesweite Anerkennung ermöglichen. DIE LINKE sieht daher aktuell keinen Bedarf, die Anerkennung bundesrechtlich zu regeln. Jedoch sollten sich die Bundesländer insbesondere für interdisziplinäre Studiengänge wie Wirtschaftsingenieurswesen über einheitliche Sonderregelungen verständigen.

CDU/CSU

Die Gestaltung der Ingenieurstudiengänge fällt in die Kompetenz der Länder. Grundsätzlich wollen wir die MINT-Bildung von früher Kindheit an kontinuierlich im Lebenslauf adressieren. Wir wollen weiter gemeinsam mit Wirtschaft und Wissenschaft dafür werben, dass sich junge Menschen für naturwissenschaftlich-technische Berufe entscheiden. Hierzu wollen wir ihnen Qualifizierungs- und Karrieremöglichkeiten aufzeigen und sie mit Beratungsleistungen unterstützen. Denn MINT-Bildung ist ein Schlüssel zu mitgestaltender Teilhabe in der digitalisierten Welt. MINT-Kompetenzen umfassen eine forschende Haltung, Beobachten, Reflektieren und Wissen über Zusammenhänge. Sie sind Grundlage für kritisches Denken und das Problemlösen – Fähigkeiten, die wir zur Bewältigung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen dringend benötigen.

AfD

Die Bildungsstandards aller Schulformen und Bildungseinrichtungen müssen wieder auf das Niveau einer führenden Wissenschafts- und Industrienation gehoben werden.


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