Liebe Leserinnen, liebe Leser,
der Bericht aus Brüssel der Bundesarchitektenkammer informiert über aktuelle europäische Themen, die für den Berufsstand der Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner relevant sind.
Wir freuen uns über Anregungen und Rückmeldungen.
Brigitta Bartsch
EUEU Europäische Union-Verbindungsbüro der Bundesarchitektenkammer in Brüssel
Inhaltsverzeichnis
Institutionelles
Empfehlungen für eine strategische Agenda der EU 2019-2024
Die Staats- und Regierungschefs der EU werden am 9.5.2019 in Sibiu, Rumänien, zusammenkommen, um über die politischen Ziele der Union zu beraten und die strategische Agenda für die nächste fünfjährige Legislaturperiode auszuarbeiten. Zu diesem Anlass hat die Europäische Kommission am 30.4.2019 politische Empfehlungen für die zukünftige strategische Ausrichtung der EU vorgelegt. Darin nennt sie fünf prioritäre Handlungsfelder, auf die die EU-Institutionen sich nach den Europawahlen und dem damit einhergehenden Wechsel ihrer Führungskräfte konzentrieren sollten: Die europäische Sicherheitsunion, der Ausbau des Binnenmarkts und der Wettbewerbsfähigkeit, soziale Rechte und Gleichstellung, ein nachhaltiges Europa und eine stärkere internationale Rolle der EU.
Die Empfehlungen finden Sie in englischer Sprache hier, die Presseerklärung der Europäischen Kommission mit weiteren Informationen auf Deutsch hier.
Binnenmarkt und Recht
Mitteilung zur besseren Rechtsetzung
Die Europäische Kommission veröffentlichte am 15.4.2019 eine Bestandsaufnahme der Umsetzung von Maßnahmen zur besseren Rechtsetzung. Sie hatte 2015 eine Agenda für bessere Rechtsetzung vorgelegt mit dem Ziel, die Regulierungspolitik effizienter zu gestalten. Um die Arbeitsweise der Kommission langfristig zu verbessern, wurden folgende Maßnahmen eingeführt und nun evaluiert: Die Öffnung der Politik der Kommission für die breite Öffentlichkeit, der neu geschaffene Ausschuss für Regulierungskontrolle sowie die Vereinfachungsinitiativen und die REFIT-Plattform. In dem Bericht wird die Umsetzung der Initiativen positiv bewertet. Es wird empfohlen, die Bemühungen fortzusetzen.
Den Bericht der Europäischen Kommission in englischer Sprache finden Sie hier, die Presseerklärung der Europäischen Kommission mit weiteren Informationen auf Deutsch hier.
Urheberrechtsreform: Annahme der Richtlinie
Am 13.2.2019 haben sich das Europäische Parlament und der Rat auf neue EU-Urheberrechtsbestimmungen geeinigt. Mit der Richtlinie soll ein umfassender Rahmen geschaffen werden, der klarere, an das digitale Zeitalter angepasste Vorschriften für urheberrechtlich geschütztes Material, Inhaber von Urheberrechten, Verlage, Anbieter und Nutzer enthält. Im Einzelnen geht es u.a. um die Vergütung und Rechte der Urheber im audiovisuellen und musikalischen Bereich, die Stärkung ihrer Position gegenüber den Plattformen sowie um neue Lizenzbestimmungen für Nutzer zum Herunterladen von Online-Inhalten. Der Text enthält ferner Urheberrechtsbestimmungen in den Bereichen Text und Data Mining zu Forschungs- und Bildungszwecken sowie für den Erhalt des kulturellen Erbes.
Der Kompromisstext wurde am 26.3.2019 im Europäischen Parlament und am 15.4.2019 vom Rat formell bestätigt und somit angenommen. Nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU haben die Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit, um die neuen Vorschriften in nationales Recht umzusetzen.
Den Richtlinientext finden Sie hier.
Vorstellung von ethischen Leitlinien für Künstliche Intelligenz
Am 8.4.2019 hat die von der Europäischen Kommission eingesetzte Expertengruppe für Künstliche Intelligenz (KIKI Künstliche Intelligenz) Ethikleitlinien veröffentlicht, auf deren Grundlage KI entwickelt und eingesetzt werden soll. Die Gruppe setzt sich aus 52 Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammen. Die Leitlinien sollen sicherstellen, dass bei der Entwicklung und Nutzung von KI die Grundrechte sowie die geltenden Vorschriften und Grundprinzipien respektiert werden. Sie enthalten sieben Anforderungen an die Entwicklung von KI in den Themenfeldern Kontrolle, Sicherheit, Datenschutz, Nichtdiskriminierung, Nachhaltigkeit, Verantwortlichkeit und Transparenz von Algorithmen. In einer Pilotphase soll die praktische Umsetzung der Leitlinien nun von Unternehmen, Forschern und Behörden innerhalb der EU getestet werden. Ferner will die Europäische Kommission eine internationale Übereinkunft für eine KI, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht, anstreben.
Die ethischen Leitlinien finden Sie hier in englischer Sprache. Die Presseerklärung auf Deutsch finden Sie hier.
Wirtschaft
Zahlen für das Baugewerbe in der EU
Am 16.4.2019 hat das statistische Amt der EU (Eurostat) saisonbereinigte Zahlen für das Baugewerbe in der EU für Februar 2019 veröffentlicht. Danach stieg in der EU28 die Produktion im Baugewerbe gegenüber Februar 2018 um 4,9 %. Im Tiefbau nahm die Bautätigkeit um 12,8 % und im Hochbau um 3,2 % zu. Die größten Zuwächse der Produktion im Baugewerbe verzeichneten Ungarn (+48,1 %), Slowenien (+40,3 %), Polen (+15,1 %) und Deutschland (+11,2 %); Rückgänge wurden in Spanien (-4,7 %) und Frankreich (-0,5 %) registriert.
Die Pressemitteilung von Eurostat finden Sie hier.
Besserer Schutz von Whistle Blowern
Whistle Blower, auf Deutsch Hinweisgeber, die Informationen über illegale oder schädliche Tätigkeiten offenlegen, die im beruflichen Kontext erworben wurden, werden nach neuen EU-Vorschriften besser geschützt. Am 16.4.2019 wurde der Text nach bereits erteilter Zustimmung des Rates auch im Europäischen Parlament angenommen. Die neue Richtlinie legt EU-weite Normen zum Schutz von Informanten fest, die Verstöße gegen das EU-Recht in einer Vielzahl von Bereichen wie öffentliches Auftragswesen, Finanzdienstleistungen, Geldwäsche, Produkt- und Verkehrssicherheit, nukleare Sicherheit, öffentliche Gesundheit, Verbraucher- und Datenschutz aufdecken. Um die Sicherheit potenzieller Hinweisgeber und die Vertraulichkeit der offenbarten Informationen zu gewährleisten, dürfen Hinweisgeber in Zukunft Verstöße über interne und externe Kanäle melden. Je nach den Umständen des Falles können sich Hinweisgeber dann auch außerhalb ihrer Organisation direkt an die zuständigen nationalen Behörden sowie an die zuständigen Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen der EU wenden. Nicht bestraft werden Hinweisgeber, die ihre Kritik öffentlich machen, wenn auf ihren ursprünglichen internen Hinweis keine Reaktion erfolgte. Ohne vorhergehende interne Meldung sind öffentliche Hinweise straffrei möglich, wenn eine unmittelbare Gefahr für die Öffentlichkeit oder Vergeltungsmaßnahmen gegen die Hinweisgeber drohen. Der vereinbarte Richtlinientext verbietet ausdrücklich Repressalien und führt Schutzmaßnahmen ein, damit ein Hinweisgeber nicht entlassen, degradiert, eingeschüchtert oder in anderer Weise angegriffen wird.
Die Richtlinie finden Sie hier.
Energie und Nachhaltigkeit
Level(s) – Berichtrahmen für die Umweltleistung von Gebäuden
Die Europäische Kommission hat in Zusammenarbeit mit Interessensvertretern des Gebäudesektors einen Berichtrahmen für die Umweltleistung von Gebäuden entwickelt. Ziel des Berichtrahmens ist, in einer „europäischen gemeinsamen Sprache“ die Umweltleistung von Gebäuden zu überprüfen, Informationen über die Nachhaltigkeit von Gebäuden zu geben und darzulegen, inwieweit Verbesserungen durchgeführt werden können.
Die Bundesarchitektenkammer hat in Zusammenarbeit mit dem BAKBAK Bundesarchitektenkammer-Ausschuss Wirtschaft, Energie und Baukultur (WEB) erste Kommentare zu Level(s) zusammengefasst. Hier begrüßt sie, dass die Kommission einen europäischen Bemessungsrahmen einführen will, der es ermöglicht, eine einheitliche Bewertung von Gebäuden europaweit durchzuführen. Sie betont aber auch, dass die Anwendung dieses Instruments unbedingt fakultativ bleiben soll. Level(s) sollte sich auf die Kern-Zielsetzung konzentrieren: die Steigerung der Ressourceneffizienz im Bauwesen und die Verbesserung der Umweltleistung von Gebäuden.
Diese Stellungnahme wurde dem ACEACE Architects’ Council of Europe
Conseil des Architectes d’Europe übermittelt, um einen Beitrag zu einer europäischen Positionierung zu Level(s) zu leisten, die durch die ACE-Arbeitsgruppe “Environment and Sustainable Architecture“ (ESA) erstellt und der Kommission unterbreitet wurde.
Vierter Bericht zur Lage der Energieunion der Europäischen Kommission
Die Europäische Kommission veröffentlichte am 9.4.2019 ihren vierten Bericht zur Lage der Energieunion. Darin zieht sie Bilanz zu den Fortschritten bei der Schaffung der Energieunion seit der Verabschiedung der „Rahmenstrategie für eine krisenfeste Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimaschutzstrategie“ von 2015. Aus dem Bericht geht hervor, dass die EU im Bereich der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, der EU-Institutionen und der Gesellschaft Fortschritte gemacht habe. Auch die internationale Zusammenarbeit habe sich verbessert. Obwohl sich die Emissionen reduziert und die Luftqualität verbessert hätten, seien weitere Maßnahmen nötig, um die Klima- und Energieziele für 2020 zu erreichen. Vor allem die Zusage des nötigen Investitionsvolumens von 180 Mrd. EUR für die Jahre 2020-2030 sei von großer Bedeutung, um die Energieunion zu vollenden.
Den Bericht in englischer Sprache finden Sie hier.
Schlussfolgerungen des Rates zu den nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen (SDGs)
Am 9.4.2019 hat der Rat Schlussfolgerungen zur Umsetzung der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung durch die EU angenommen. Er beauftragte die Europäische Kommission damit, eine umfassende Umsetzungsstrategie mit „Zeitplanung, Zielen und konkreten Maßnahmen“ in „allen einschlägigen internen und externen EU-Politikbereichen“ vorzulegen. Der Rat spricht davon, dass „sehr dringend ein Wechsel zu einem umfassenden, übergeordneten und ehrgeizigen Ansatz auf EU-Ebene vollzogen werden muss“ und die SDGs Richtschnur „jetziger und künftiger Maßnahmen auf EU-Ebene“ sein müssten. Die nachhaltigen Entwicklungsziele umfassen nicht nur Zielsetzungen im Bereich der Klima-, Umwelt-, Außen- oder Entwicklungspolitik, sondern beinhalten auch Ziele in den Politikbereichen Gesundheit, Soziales, Bildung, Energie, Wirtschaft oder Rechtsstaatlichkeit. Damit müssten bei der Umsetzung nicht nur nahezu alle EU-Politikbereiche berücksichtigt werden, sondern auch Mitgliedstaaten, Regionen und Kommunen aktiv mitwirken.
Die Schlussfolgerungen in englischer Sprache finden sie hier. Weitere Informationen auf Deutsch finden Sie hier.
Architektur, Stadtentwicklung und Baukultur
Strategie der EU für internationale Kulturbeziehungen
Die Außenministerinnen und -minister der EU verabschiedeten im Rahmen des Rats am 8.4.2019 Schlussfolgerungen für eine Strategie der EU für internationale Kulturbeziehungen sowie einen dazugehörigen Aktionsrahmen. Ziel ist, die Wirksamkeit der EU-Außenpolitik unter Einbeziehung der internationalen Kulturbeziehungen zu steigern. Das kulturübergreifende Verständnis zwischen der EU und ihren Partnern soll gefördert werden. Die Mitgliedstaaten werden dazu aufgefordert, die Zusammenarbeit zwischen den Kultur- und Außenministerien zu stärken, bestehende Netzwerke der Wissensentwicklung auszubauen und die Beteiligung an lokalen Kulturprojekten in Drittländern zu intensivieren.
Die Schlussfolgerungen finden Sie hier.
Programm Kreatives Europa: Legislative Entschließung im EP
Das Europäische Parlament verabschiedete am 28.3.2019 eine legislative Entschließung zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung über das Programm Kreatives Europa. Wie von der BAK gefordert, werden Architektur und Kulturerbe als gesonderte Bereiche unterschieden. Die Förderung der Baukultur unter Hinweis auf die Davos-Erklärung ist beibehalten. Die Verhandlungen mit dem Rat werden in der neuen Legislaturperiode aufgenommen.
Den Text der Entschließung finden Sie hier.
Mies van der Rohe Award 2019 für Renovierungsprojekt von Lacaton & Vassal
Der diesjährige EU Prize for Contemporary Architecture – Mies van der Rohe Award 2019 – wird an das französische Büro Lacaton & Vassal architectes für das Projekt „Transformation of 530 dwellings – Grand Parc Bordeaux“ verliehen. Es handelt sich um ein umfassendes Renovierungsvorhaben von Sozialwohnungen. Der Preis „Emerging Architect“ geht ebenfalls nach Frankreich: ausgezeichnet wird das Büro BAST für die Gestaltung eines Schulanbaus in Montbrun.
Weitere Informationen finden Sie hier.
Konsultation zur EU-Städteagenda
Die Europäische Kommission hat am 1.4.2019 eine öffentliche Konsultation zur Bewertung der bisherigen Umsetzung der EU-Städteagenda eingeleitet. Bis zum 30.6.2019 erhalten interessierte Personen und Organisationen wie Behörden, Kommunen und Verbände Gelegenheit, sich zu den für die Partnerschaften ausgewählten Themenbereichen und möglichen Verbesserungen zu äußern sowie weitere Themenvorschläge für künftige Partnerschaften zu benennen. Zudem sollen die Zusammensetzung der Partnerschaften, die Verwertbarkeit der Aktionspläne und die Abläufe bei der Zusammenarbeit überprüft werden. Die Konsultation ist Teil einer umfassenden Bewertung der EU-Städteagenda durch die Kommission. Die Ergebnisse sollen auf dem CITIES Forum Ende 2019 in Porto präsentiert werden.
Weitere Informationen in englischer Sprache finden Sie hier. Zum Fragebogen in englischer Sprache gelangen Sie hier.
Architects‘ Council of Europe (ACE)
ACE-Generalversammlung in Innsbruck – Erklärung zur Qualität der gebauten Umwelt
Im Rahmen der ACE-Generalversammlung am 3./4.5.2019 in Innsbruck fand eine Konferenz zum Thema „Achieving Quality in the Built Environment“ statt. Es wurde mit Architekten und Vertretern aus Wissenschaft und Politik darüber diskutiert, wie der Begriff der Qualität in der gebauten Umwelt in Anlehnung an die Davos-Erklärung zur Baukultur ausgelegt werden kann und welche Methoden Städte und Gemeinden anwenden können, um eine hochwertige Baukultur langfristig in allen relevanten Politikbereichen zu verankern. Abschließend wurde eine Erklärung mit den wichtigsten Ergebnissen der Konferenz verabschiedet. Darin enthalten sind Prinzipien und Kriterien zur Bewertung der Qualität in der Architektur, Stadt- und Raumentwicklung. Der Text soll als inhaltliche Orientierung für die Expertengruppe Architektur und Baukultur dienen, die von der Europäischen Kommission ab 2020 eingerichtet werden soll.
Die Erklärung und weitere Informationen zur Konferenz finden Sie hier.