Liebe Leserinnen, liebe Leser,
der Bericht aus Brüssel der Bundesarchitektenkammer informiert über aktuelle europäische Themen, die für den Berufsstand der Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner relevant sind. Wir freuen uns über Anregungen und Rückmeldungen.
Bleiben Sie gesund!
Ihr Team im EUEU Europäische Union-Verbindungsbüro der Bundesarchitektenkammer in Brüssel
Inhaltsverzeichnis
COVID-19COVID-19 Corona Virus Disease 2019: Initiativen der Europäischen Institutionen
Appell im Rat: Green Deal als Grundlage zur Bewältigung der Krise
Eine Mehrheit der Mitgliedstaaten in der Ratsformation der Klima- und Umweltminister hat sich auf Initiative von Dänemark dafür ausgesprochen, den Green Deal als Grundlage für das geplante Konjunkturprogramm zur Bewältigung der Corona-Krise zu nehmen. Dieser helfe, die Wirtschaft zu lancieren und sie nachhaltig und klimaneutral zu gestalten. Der Zeitplan der Pariser Vereinbarung solle eingehalten werden, auch wenn die am Ende des Jahres geplante Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow verschoben wurde. Die Klimaziele für 2030 sollten auch weiterhin vor Ende des Jahres erhöht werden. Neben Deutschland haben sich Österreich, Finnland, Italien, Lettland, Luxemburg, die Niederlande, Portugal, Spanien, Schweden, Frankreich und Griechenland dem Appell angeschlossen. Weitere vier Mitgliedstaaten, Slowenien, Irland, Slowakei und Malta, unterstützen diese Initiative.
Der BAKBAK Bundesarchitektenkammer-Ausschuss Wirtschaft, Energie und Baukultur befasste sich in seiner Sitzung am 4.5. mit dem Green Deal und dem Klimaziel 2030. Dabei wurde grundsätzlich eine Erhöhung des Klimaziels begrüßt und gefordert, dass sich Deutschland hierfür während seiner Ratspräsidentschaft einsetzt. Eine entsprechende Stellungnahme der BAK befindet sich derzeit noch in der Abstimmung (siehe auch Ziff. 3.1).
Den Aufruf finden Sie hier.
Spezielle KMU-Maßnahmen: Erleichterte Kreditvergabe
Die Europäische Kommission hat angekündigt, sie werde dem Europäischen Investitionsfonds (EIF) eine Garantie in Höhe von einer Milliarde EUR aus dem Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) gewähren. Der EIF gehört zur Europäischen Investitionsbankgruppe (EIB-Gruppe) und dient dazu, kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) den Zugang zu einer leichteren Finanzierung zu ermöglichen. Durch besondere Garantien des EIF sollen Anreize für Banken und andere Kreditgeber geschaffen werden, um mindestens 100.000 KMU, die aufgrund der COVID-19-Pandemie von einem Liquiditätsmangel betroffen sind, Geld zur Verfügung zu stellen. Die dadurch verfügbaren Finanzmittel werden auf 8 Milliarden EUR geschätzt. Das Geld soll den KMU noch in diesem Monat zur Verfügung stehen. KMU können einen Antrag direkt bei ihren lokalen Banken und Kreditgebern stellen, sofern letztere an dem EIF-Programm teilnehmen. Die KfW ist beteiligt an dieser Initiative, indem sie Mittel aus dem Europäischen KMU-Förderprogramm COSME und dem Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) an lokale Banken für die Kreditvergabe vermittelt.
Weitere Informationen zu den teilnehmenden Banken finden Sie hier.
Binnenmarkt und Recht
BAK-Stellungnahme zur Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)
Die Europäische Kommission hat im April 2020 eine öffentliche Konsultation zur Umsetzung der im Mai 2018 in Kraft getretenen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) durchgeführt. Damit soll ein Bericht über die Umsetzung in den Mitgliedstaaten vorbereitet werden, den die Kommission im Frühsommer vorlegen wird. Die BAK hat sich an der Konsultation beteiligt und eine Stellungnahme mit den Belangen des Berufsstands zur Umsetzung abgegeben. Sie weist darauf hin, dass viele Regelungen in der Verordnung mit hohem administrativem und finanziellem Aufwand verbunden sind. Vor allem für kleinere Büros unter 50 Mitarbeitern ist dieser oft nicht verhältnismäßig. Die BAK fordert daher, dass an allen Regelungen der DSGVO eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen werden sollte, ob diese generellen Regelungen für alle ohne Begrenzung gelten. Daneben wird u.a. eine Klarstellung bei Informations- und Auskunftspflichten gefordert.
Die Stellungnahme der BAK finden Sie hier.
BAK-Stellungnahme zur KMU-Strategie für ein nachhaltiges und digitales Europa
Die Europäische Kommission hat am 10.3.2020 eine Strategie für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vorgelegt. Darin kündigt sie Maßnahmen zur Unterstützung von KMU beim Übergang zu Nachhaltigkeit und Digitalisierung, zum Abbau regulatorischer Hürden, zur Verbesserung des Marktzugangs sowie zu Finanzierungsmöglichkeiten an.
Die BAK begrüßt in ihrer Stellungnahme, dass die Kommission den Belangen von KMU einen hohen Stellenwert einräumt und dabei explizit auch Kleinstbüros und freie Berufe nennt. Sie hat dieses Anliegen mehrfach gegenüber der Kommission eingebracht. Sie wird sich dafür einsetzen, dass in der neu einzurichtenden Gruppe von Botschaftern für strategisches Unternehmertum auch Vertreter der freien Berufe und Kleinstbüros repräsentiert sind und hat dies auch gegenüber der deutschen EU-KMU-Beauftragten im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie vorgetragen, die ein Gespräch mit dem Binnenmarktkommissar Thierry Breton zu der Strategie geführt hat.
Die BAK-Stellungnahme wurde an Kommission und Parlament übermittelt. Sie finden sie hier.
Energie und Nachhaltigkeit
Öffentliche Konsultation zum EU-Klimaziel 2030
Die Europäische Kommission hat eine öffentliche Konsultation zum EU-Klimaziel 2030 gestartet, um Meinungen von Stakeholdern zur künftigen Zielrichtung der EU-Energie- und Klimapolitik einzuholen. Konkret soll geprüft werden, ob das Klimaziel von bislang 40 Prozent weniger Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 auf 50 bis 55 Prozent heraufgesetzt werden sollte. Neben Fragen zu einzelnen Sektoren, in denen Emissionen eingespart werden sollten, beinhaltet die Konsultation gezielte Fragen zur künftigen Politikgestaltung und Überprüfung von EU-Rechtsakten. Diese betreffen auch den Gebäudebereich. Die BAK wird sich daher an der Konsultation beteiligen. Ein Antwortentwurf wird zurzeit im BAK-Ausschuss Wirtschaft, Energie und Baukultur abgestimmt.
Das Ergebnis der Konsultation wird in eine Folgenabschätzung der Kommission zur Erhöhung des Klimaziels 2030 einfließen. Die Berichterstatterin Jytte Guteland, S&D, des Europäischen Parlaments für das Klimagesetz plädiert dafür, das Klimaziel für 2030 auf 65 Prozent heraufzusetzen und für 2040 ein Zwischenziel von 80 bis 85 Prozent festzulegen.
Weitere Informationen und die Konsultation finden Sie hier.
EP-Gutachten zu Grüner Vergabe
Die Generaldirektion für Interne Politikbereiche (IPOL) des Europäischen Parlaments hat auf Anfrage des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) ein Gutachten zur öffentlichen Vergabe in der EU und deren Beitrag zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens und der Kreislaufwirtschaftsstrategie erstellt. Darin wird empfohlen, die Anzahl verpflichtender grüner Vergabekriterien zu erhöhen. Dies soll entweder durch technische Spezifizierungen in den sektoralen Richtlinien oder über den Erlass von delegierten Rechtsakten auf Grundlage der Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe, bzw. über die Vergabe von Aufträgen im Bereich Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung, geschehen. Es wird darin auch auf die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden verwiesen. Das Papier dient der Meinungsbildung im IMCO und ist rechtlich nicht bindend.
Zum neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft, auf den das Gutachten Bezug nimmt, erfolgte am 4.5. im BAK-Ausschuss Wirtschaft, Energie und Baukultur ein erster Austausch, bei dem beschlossen wurde, eine BAK-Stellungnahme zu erarbeiten. Das Thema grüne Vergabe ist dabei näher zu prüfen, insbesondere das Vorhaben der Kommission, Level(s), den europäischen Berichtsrahmen für die Lebenszyklusbetrachtung von Gebäuden, bei der öffentlichen Auftragsvergabe einzubeziehen. Die BAK begrüßt grundsätzlich qualitative Vergabekriterien. Sie spricht sich jedoch dafür aus, dass Vorgaben und Level(s) fakultativ bleiben.
Das Gutachten finden Sie hier (in englischer Sprache).
Digitalisierung
Workshop zum EU-Projekt „DigiPLACE“/digitale Plattform für den Bausektor
Das im Rahmen des EU-Programms für Forschung und Innovation (Horizont 2020) geförderte Projekt DigiPLACE, das noch bis Mai 2021 läuft, hat zum Ziel, eine Machbarkeitsstudie für die Entwicklung einer europäischen digitalen Plattform für den Bausektor zu erstellen. Diese soll dazu beitragen, die europäische Bauindustrie zu modernisieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. Das Konsortium des Projekts setzt sich aus politischen Vertretern, Ministerien und Dachverbänden des Baugewerbes aus verschiedenen Ländern zusammen. Der ACEACE Architects’ Council of Europe
Conseil des Architectes d’Europe ist auch Partner des Projektes. Deutscher Partner ist das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Das BMVI hat das Projekt in der BAK-Steuerungsgruppe Digitalisierung vorgestellt, die das Projekt für die BAK weiter begleitet.
Am 29.4.2020 fand ein Online-Workshop statt, der über die Arbeiten und den Stand des Projektes informierte. Besonders wurden hier die verschiedenen Arbeitsschritte und die Einbindung der EU-BIMBIM Building Information Modeling Taskgroup hervorgehoben. Die Teilnehmer betonten die Entwicklung der Digitalisierung und eine europäische digitale Plattform als wesentlich für die Wettbewerbsfähigkeit der Architekten und der Baubranche.
Weitere Informationen zu DigiPLACE und dem Online-Workshop finden Sie hier.
Verbände
Corona-Maßnahmen der ACE-Mitgliedsorganisationen
Der ACE hat die Mitgliedsorganisationen gebeten, einen Fragebogen zum Umgang mit der aktuellen COVID-19-Krise zu beantworten. Ziel war, zu verstehen, wie diese auf die aktuelle Krise reagieren, wie sie die Auswirkungen auf den Berufsstand einschätzen und welche Maßnahmen zur Unterstützung von Selbstständigen und KMU ergriffen werden. Die Ergebnisse der Umfrage wurden nun veröffentlicht. Ein Großteil der ACE-Mitglieder gibt an, für den Berufsstand relevante Informationen online zur Verfügung zu stellen. Diese betreffen unter anderem die Bereiche Gesundheits- und Sicherheitsempfehlungen für Architekturbüros, staatliche Beihilfen und finanzielle Unterstützungsprogramme für KMU und Selbstständige, rechts- und Verwaltungsberatung in Bezug auf Personal, Verträge, Buchhaltung, Baugenehmigungen, Versicherungen und praktische Ratschläge zur Sicherung von Beschäftigung und Unternehmen. Viele Organisationen haben ähnliche Maßnahmen wie die BAK ergriffen und entsprechende Informationen zur Verfügung gestellt.
Die Ergebnisse der ACE-Umfrage, die in der nächsten Generalversammlung des ACE Ende Mai diskutiert werden, und weitere Links finden Sie hier.
Veranstaltungen – Terminverschiebungen und änderungen
Aufgrund der aktuellen Einschränkungen zur Eindämmung von COVID-19 wurden für die BAK relevante Veranstaltungen in Brüssel vorerst verschoben:
- EU-Green Week: geplant im Juni 2020 in Brüssel, neues Datum 20.- 22.10.2020
- European Sustainable Energy Week (EUSEW): geplant vom 22. – 25.6.2020 in Brüssel. Es ist davon auszugehen, dass sich Umfang und Programm der Veranstaltung ändern.
Deutsche EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020
Vor dem Hintergrund der Auswirkungen des Coronavirus wird derzeit eine Anpassung des Programms zur deutschen Ratspräsidentschaft beraten. Es ist davon auszugehen, dass viele Veranstaltungen, vor allem Konferenzen mit einer großen Teilnehmerzahl, nicht wie geplant stattfinden können und auf digitale Formate umgestellt werden. Eine ausführliche Unterrichtung erfolgt noch in Kürze.
Für den Berufsstand besonders relevante Vorhaben und Termine unter der Präsidentschaft sind:
- Europäische Baukulturkonferenz am 29./30.10.2020 in Gelsenkirchen (unverändert)
- Neuauflage Leipzig-Charta und Territoriale Agenda im Rahmen des informellen Ministertreffens in Leipzig am 30.11/1.12. 2020 (derzeit unverändert).
COP26: UN-Klimakonferenz
Am 1.4.2020 entschied das COP-Büro der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) mit dem Vereinigten Königreich und Italien als Gastgeber der Pre-COP26, dass die COP26-UN-Klimakonferenz, die im November 2020 in Glasgow stattfinden sollte, aufgrund von COVID-19 verschoben wird. Ein neuer Termin für 2021 wird mit den Parteien noch festgelegt.