Liebe Leserinnen, liebe Leser,
der Bericht aus Brüssel der Bundesarchitektenkammer informiert über aktuelle europäische Themen, die für den Berufsstand der Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner relevant sind. Wir freuen uns über Anregungen und Rückmeldungen.
Ihr Team im EUEU Europäische Union-Verbindungsbüro der Bundesarchitektenkammer in Brüssel
Inhaltsverzeichnis
Institutionelles
Baukultur ist Bestandteil der Rede von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Lage der Union
Am 16.9. hat die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union ihre Vision und Vorhaben für die kommenden Monate dargelegt. Im Mittelpunkt stehen die derzeitigen großen Herausforderungen nach der Corona-Krise wie Klima, Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Im Zusammenhang mit dem Thema Nachhaltigkeit hat sie Gebäude und den Berufsstand explizit hervorgehoben. Bei der angekündigten Renovierungswelle – die Kommission will am 14.10. eine Mitteilung zu dem Vorhaben vorlegen – unterstreicht Frau von der Leyen den baukulturellen Aspekt:
„(…) 40% unserer Emissionen werden von unseren Gebäuden erzeugt. Sie dürfen nicht so viel Energie verschwenden, sie dürfen nicht so teuer sein, sie müssen nachhaltiger werden. (.….) Aber dies ist nicht nur ein Umwelt- oder Wirtschaftsprojekt, sondern muss auch ein neues Kulturprojekt für Europa werden. Jede Bewegung hat ihr eigenes Gefühl. Wir müssen dem Systemwandel ein Gesicht verleihen – um Nachhaltigkeit mit einer eigenen Ästhetik zu verbinden. Deshalb werden wir ein neues europäisches Bauhaus errichten – einen Raum, in dem Architekten, Künstler, Studenten, Ingenieure und Designer gemeinsam und kreativ an diesem Ziel arbeiten.“
Dies entspricht der Position der BAKBAK Bundesarchitektenkammer, die diese Idee ausdrücklich begrüßt. Sie hat in einem Schreiben an die Kommissionspräsidentin ihre Unterstützung bei den künftigen Maßnahmen angeboten.
Den vollständigen Text der Rede zur Lage der Union finden Sie hier.
Stärkung Freiberuflichkeit und Förderung Mittelstand
Studien der Europäischen Kommission zu regulierten Berufen
Die Europäische Kommission, Generaldirektion Binnenmarkt, Direktion E, Dienstleistungen im Binnenmarkt, hat eine Studie über die Auswirkungen der Regulierung auf die digitale Automatisierung und Inanspruchnahme professioneller Dienstleistungen, darunter Architekturdienstleistungen in Deutschland, in Auftrag gegeben. Ziel ist, den aktuellen Stand und die wichtigsten Einflussfaktoren auf den digitalen Automatisierungsprozess zu bewerten. Der Schwerpunkt liegt auf vier professionellen Dienstleistungen, darunter die Architekturdienstleistungen in Deutschland.
Eine zweite Studie derselben Direktion zum Thema „Wettbewerb und wirtschaftliche Auswirkungen in bestimmten Dienstleistungsbereichen“ befindet sich derzeit noch im Ausschreibungsverfahren. Ziel ist, den Reformbedarf von regulierten Berufen festzustellen. Die Kommission beruft sich in der Ausschreibung auf ihre Reformempfehlungen zu den regulierten Berufen von 2017 und die Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters, in denen der Berufsstand regelmäßig angesprochen ist.
Die BAK versucht zusammen mit dem ACEACE Architects’ Council of Europe
Conseil des Architectes d’Europe den oft einseitigen Ergebnissen solcher Arbeiten mit eigenen Studien entgegenzutreten, die die Argumentation für eine ausgewogene Regulierung stützen.
Nachhaltigkeitsstrategie Planen und Bauen
„Green Claims Initiative“ – Vorabkonsultation der Europäischen Kommission zur Umweltleistung von Produkten und Unternehmen
Die Europäische Kommission, Generaldirektion Umwelt, hat erste Überlegungen zu Nachweisen über die Umweltleistung von Produkten und Unternehmen (sogenannte “Green Claims”-Initiative) veröffentlicht, so wie im neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft angekündigt. Sie prüft hiermit, ob Bewertungen der Umweltleistung von Produkten und Unternehmen auf EU-Ebene über einen gemeinsamen europäischen Rahmen vereinheitlicht werden können.
Die BAK hat in der Vorabkonsultation hierzu ihre Position geäußert. Ihrer Ansicht nach ist eine Lebenszyklusbetrachtung ausdrücklich zu begrüßen. Diese sollte beim Nachweis der Umweltleistung von Produkten eine zentrale Rolle spielen. In diesem Sinne wären vereinheitlichte Methoden zur Herleitung und Deklaration von Produkteigenschaften aus BAK-Sicht zu unterstützen, um sie für Anwender wie Architekten transparenter zu machen. Die Europäische Kommission führt aktuell eine weitere Konsultation durch, u.a. zu einem möglichen Legislativvorschlag zum Nachweis von Umweltaussagen. Die BAK prüft derzeit noch eine Beteiligung, die bis Dezember möglich ist.
Hintergrundinformationen zu der Konsultation und dem Zeitplan der Initiative finden Sie hier. Den BAK-Beitrag finden Sie hier.
Vorschlag zur Anhebung des EU-Klimaziels 2030
Die Europäische Kommission hat am 17.9. einen Vorschlag zur Anhebung des EU-Klimaziels 2030 von 40 Prozent auf mindestens 55 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 1990 vorgelegt. Das neue Zwischenziel soll im Europäischen Klimagesetz aufgenommen werden, das die europäische Klimaneutralität bis 2050 rechtlich verankert und zurzeit im Rat und Europäischen Parlament beraten wird. Um die EU-Klima- und Energiegesetzgebung auf die neuen Klimaziele abzustimmen, kündigt die Kommission weitere Maßnahmen wie zum Beispiel die Renovierungswelle von Gebäuden sowie Anpassungen bei bestehenden EU-Rechtsakten an. Es sei dringend erforderlich, insbesondere im Gebäudebereich Emissionen zu senken.
Die Anhebung des EU-Klimaziels 2030 entspricht der BAK-Stellungnahme vom Mai 2020 zum Europäischen Klimagesetz, in der die Zielvorgabe von mindestens 55 Prozent unterstützt wird. Dies war von der BAK auch bei einer öffentlichen Konsultation der Kommission zum Klimaziel 2030 eingebracht worden. Die BAK wird sich im Ausschuss Wirtschaft, Energie und Baukultur (WEB) mit der konkreten legislativen Ausgestaltung auf EU-Ebene befassen und über mögliche Positionierungen zu für den Berufsstand relevanten Rechtsakten weiter beraten.
Die Mitteilung der Europäischen Kommission zum Klimaziel 2030 finden Sie hier, die BAK-Stellungnahme zum Europäischen Klimagesetz ist hier zu finden.
EP-Entschliessung zu energieeffizienten Gebäuden
Am 17.9. hat das Europäische Parlament eine Entschließung zum Thema “Maximierung des Energieeffizienzpotenzials des Gebäudebestands der EU” angenommen. Mit dem rechtlich unverbindlichen Text betont es die aus seiner Sicht wichtigsten Punkte, die die Kommission in ihrer für Oktober angekündigten ”Renovation Wave” beachten sollte. So fordert es einen ganzheitlichen und integrierten Ansatz bei der Gebäude- und Sanierungspolitik. Ferner solle die Kommission die EU-Energieeffizienzziele weiter erhöhen und die Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden schrittweise verschärfen. Betont wird zudem, wie wichtig die Betrachtung grauer Energie, Ressourceneffizienz, Wärmekomfort, bessere Luftqualität, ein gesundes Raumklima sowie Lebenszykluskonzepte seien. Mit Verweis auf die neue Leipzig-Charta, die während des deutschen Ratsvorsitzes angenommen werden soll, hebt es ferner die entscheidende Rolle von Städten bei der Umsetzung hervor, auch hinsichtlich des Erhalts des materiellen historischen europäischen Erbes (Denkmäler und Gebäude).
Die BAK hat im Juli Empfehlungen für den Berichtsentwurf des Parlaments abgegeben und darin auf die zentrale Bedeutung eines ganzheitlichen Ansatzes sowie auf den Wert der gebauten Umwelt verwiesen. Zudem betonte sie, dass Sanierungen qualitativ hochwertig sein müssen. Die Entschließung nimmt in diesem Sinne zentrale Forderungen auf. Diese finden Sie hier.
Neuer Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft
Die BAK hat in einer Stellungnahme den neuen EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft als eine wichtige Strategie begrüßt, um das im Green Deal formulierte Ziel der Klimaneutralität bis 2050 umzusetzen. Der Bausektor als ressourcenintensive Wertschöpfungskette kann einen wichtigen Beitrag zur Emissionsreduktion und Abfallvermeidung leisten. Die BAK fordert ein kohärentes Vorgehen, das beim Umgang mit dem „Produkt“ Gebäude neben nachhaltigen Materialkreisläufen auch den Wert qualitätvoller Planung und architektonischer Lösungen in den Fokus rückt. Die Stellungnahme wurde an das Europäische Parlament, an die Europäische Kommission sowie an den Rat übermittelt.
Die BAK-Stellungnahme finden Sie hier.
Entwicklungsperspektive Stadt und Ländlicher Raum
Entwurf für EP-Initiativbericht „Zugang zu angemessenem und erschwinglichem Wohnraum für alle“
Der EP-Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) hat einen Entwurf für einen Initiativbericht über den „Zugang zu angemessenem und erschwinglichem Wohnraum für alle“ vorgelegt. Berichterstatterin ist die Niederländerin Kim van Sparrentak (Grüne). Darin werden Kommission und Mitgliedstaaten aufgefordert, angemessenen, energieeffizienten und gesunden Wohnraum zu schaffen, gegen Wohnungslosigkeit und Diskriminierung vorzugehen, ein integriertes Konzept für sozialen, öffentlichen und erschwinglichen Wohnraum auf Ebene der EU zu schaffen, den Kündigungsschutz und inklusive Wohnungsmärkte sicherzustellen und Investitionen zu fördern. Der Bericht soll im Dezember im EP-Plenum angenommen werden.
Die BAK hat Anmerkungen für Änderungsanträge an den Ausschuss übermittelt und regt darin an, einen Verweis auf die baukulturelle Qualität und die räumliche, städtebauliche Bedeutung für den Wohnungsbau aufzunehmen. Ferner empfiehlt sie eine nachhaltige Flächennutzung und die Nutzung des Bestands zur Schaffung von neuem Wohnraum.
Den EP-Berichtsentwurf finden Sie hier, die BAK-Anmerkungen finden Sie hier.
EU-Städteagenda: Konsultation zum Aktionsplan der Partnerschaft Kultur und kulturelles Erbe
Im Rahmen der diesjährigen Europäischen Woche der Regionen und Städte richtet der ACE zusammen mit der BAK, dem European Council of Town Planners (ECTP) und dem slowenischen Institut für Raumordnungspolitik (IPoP) am Mittwoch, den 14.10 einen virtuellen Workshop zum Austausch über partizipative Methoden in der Stadtentwicklung aus. Anhand von konkreten Praxisbeispielen soll diskutiert werden, wie sich die Zivilgesellschaft organisieren kann, um Einfluss auf die Gestaltung der gebauten Umwelt zu nehmen. Ein besonderer Schwerpunkt wird auf kleine und mittlere Städte gelegt.
Weitere Informationen finden Sie hier. Anmelden können Sie sich bis 7.10. unter diesem Link.
Verbände
Austausch zwischen IFLA Europe und BAK-Verbindungsbüro Brüssel
Am 18.9. fand ein virtueller Austausch zwischen Mitgliedern des IFLA Europe-Vorstandes, geleitet von der neu gewählten Präsidentin Karin Helms, sowie dem BAK-Verbindungsbüro Brüssel und dem Delegierten der BAK bei der IFLA statt. Im Fokus stand – analog zur Kooperation mit dem ACE – eine mögliche, verstärkte Zusammenarbeit beider Verbände zu europapolitischen Themen, insbesondere zu Berufsanerkennung, Klima und Energie. IFLA Europe strebe an, sich in der Europaarbeit strategischer aufzustellen. Frau Helms berichtete zum Thema Berufsanerkennung über Gespräche mit der Kommission, Generaldirektion Binnenmarkt, zur EU-Berufsanerkennungsrichtlinie sowie zu einem EU-Projekt, an dem IFLA Europe als Projektpartner beteiligt sei. Das Projekt habe zum Ziel, einen gemeinsamen Ausbildungsrahmen (Common Training Framework, CTF) als Grundlage für die europäische Landschaftsarchitekturausbildung zu entwickeln. Die Ergebnisse des Projekts sollen für die berufspolitische Arbeit von IFLA Europe genutzt werden. Die Gesprächspartner waren sich einig, dass die derzeitigen Vorhaben der EU im Bereich Klima und Nachhaltigkeit eine verstärkte Zusammenarbeit anbieten. So sei an gemeinsame Erklärungen oder Gespräche mit den Institutionen zu denken.