Inhaltsverzeichnis
Institutionelles
Prioritäten der österreichischen Ratspräsidentschaft
Österreich hat am 1.7.2018 zum dritten Mal, nach 1998 und 2006, für sechs Monate den Vorsitz im Rat der Europäischen Union. Der Vorsitz steht unter dem Motto „Europa, das schützt“. Der österreichische Ratsvorsitz im 2. Halbjahr 2018 wird eine große Anzahl von komplexen und anspruchsvollen Dossiers zu bearbeiten haben. Insbesondere wird die EUEU Europäische Union in diesem Zeitraum mit zwei großen Herausforderungen konfrontiert sein: die Verhandlungen über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU (Brexit) und die Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen nach 2020.
Österreich befindet sich mit Estland (Vorsitz im Rat der EU im 2. Halbjahr 2017) und Bulgarien (Vorsitz im 1. Halbjahr 2018) in einer Trioratspräsidentschaft. Die wichtigsten Punkte des Trioprogramms sind: die Umsetzung der Europäischen Sicherheitsagenda sowie der Europäischen Migrationsagenda; Kampf gegen Radikalisierung und gewalttätigen Extremismus; Umsetzung der Globalstrategie der Europäischen Union; Erweiterung betreffend Westbalkan; Kooperation mit Partnern im Mittelmeerraum, um Ursachen für Fluchtbewegungen und illegale Migration zu bekämpfen; Fortsetzung und Abschluss von unterschiedlichen Vorhaben zum digitalen Binnenmarkt; effiziente Besteuerung, Kampf gegen Steuerbetrug; Förderung von jungen Menschen (Bildung und Training); weitere Umsetzung der „Agenda 2030“ der Vereinten Nationen zur nachhaltigen Entwicklung; Investitionen in Wachstum und Arbeitsplätze, inkl. Forschung und Innovation; Kampf gegen Armut sowie soziale Ausgrenzung; Fortsetzung der Arbeit an einer nachhaltigen, widerstandsfähigen und effektiven Energieunion; Umsetzung des Pariser Klimaabkommens und der EU 2030 Ziele zur Reduzierung von Treibhausgasen.
Österreich wird das Thema Baukultur während der Ratspräsidentschaft aufgreifen und an die Ziele der „Erklärung von Davos zur Baukultur“ (Januar 2018) anknüpfen. Unter der österreichischen Ratspräsidentschaft soll ferner eine Neuauflage der europäischen Kulturagenda von 2007 veröffentlicht werden.
Weitere Informationen zur österreichischen Ratspräsidentschaft finden Sie hier.
Europäisches Parlament: Neue Sitzverteilung nach der Europawahl 2019
Das Europäische Parlament soll 2019 nach der Europawahl im Mai 2019 46 seiner 751 Sitze verlieren, wenn das Vereinigte Königreich die EU verlassen hat. Der vom Parlament am 13.6. angenommene Vorschlag zur Umverteilung der Sitze würde nicht nur die Größe des Parlaments von 751 auf 705 Abgeordnete verringern, sondern auch 46 der 73 britischen Sitze, die durch den Brexit frei werden, in eine Reserve stellen. Einige oder alle der 46 Sitze in der Reserve könnten dann in Zukunft auf neue EU-Mitgliedstaaten umverteilt oder einfach nicht besetzt werden, um die Größe der Institution zu verringern.
Die Tabelle mit der vorgeschlagenen Sitzverteilung finden Sie hier.
Binnenmarkt und Recht
Richtlinienvorschlag für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung: Annahme im Rat
Der Rat der Europäischen Union hat am 21.6.2018 einstimmig den Kompromiss zur Richtlinie über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen zugestimmt. Das Parlament hatte dem Entwurf bereits am 14.6.2018 zugestimmt. Die neue Richtlinie wird in Kürze im EU-Amtsblatt veröffentlicht und muss anschließend von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden.
Der Richtlinientext entspricht im Kern den von der BAKBAK Bundesarchitektenkammer eingebrachten Anliegen. So wird ausdrücklich festgehalten, dass die Reglementierung der freien Berufe in der Zuständigkeit und im Ermessen der Mitgliedstaaten liegt. Zudem werden die positiven Effekte von Regulierung hervorgehoben. So sei auch die Pflichtmitgliedschaft in einer Berufsorganisation nicht per se unverhältnismäßig. Ferner müsse auch die Verhältnismäßigkeitsprüfung selbst verhältnismäßig sein.
Den angenommenen Text der Richtlinie finden Sie hier.
Rechtstreuepaket: Europäisches Parlament und Rat erreichen politische Einigung zum zentralen digitalen Zugangstor
Das Europäische Parlament und der Rat haben in den Trilogverhandlungen zum zentralen digitalen Zugangstor eine politische Einigung erreicht. Die beiden Gesetzgeber verständigten sich darauf, das Zugangstor in das bereits bestehende Portal „Ihr Europa“ („Your Europe“) zu integrieren und es auch unter diesem Namen bekannt machen zu wollen. Ziel ist, eine zentrale Online-Schnittstelle zu schaffen, auf der Bürger und Unternehmen alle für sie relevanten Informationen und weiterführende Links im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Tätigkeiten abrufen können, so etwa zu Hilfsdiensten wie SOLVIT oder Europe Direct. Auch die im Rahmen der Berufsanerkennungsrichtlinie von der Kommission erstellte Datenbank über reglementierte Berufe soll verlinkt werden. Ebenso sollen mehr Online-Verwaltungsverfahren über das Portal aufrufbar sein, so u.a. die Gewerbeanmeldung, die Registrierung von Arbeitnehmern in den gesetzlichen Sozialversicherungssystemen und die Einkommens- und Körperschaftssteuererklärung. Die bereitgestellten Inhalte sollen in allen Amtssprachen der EU verfügbar sein.
Die BAK hatte im Vorfeld vor der Schaffung von Doppelstrukturen hinsichtlich Einheitlichem Ansprechpartner (EAP) und Binnenmarktinformationssystem (IMI) gewarnt. Zudem forderte sie eine Klarstellung, dass das Verfahren zur Berufsanerkennung auf Grundlage der Berufsanerkennungsrichtlinie nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung falle. Der nun erzielte Kompromiss trägt diesen Bedenken Rechnung und enthält u.a. eine Klarstellung zum Vorrang der Berufsanerkennungsrichtlinie. Zudem solle das Zugangstor nicht in Konkurrenz zu EAP und IMI stehen.
Die Botschafter der EU-Mitgliedstaaten haben dem Kompromisstext am 20.6.2018 zugestimmt. Der im Europäischen Parlament zuständige Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz wird am 12.7.2018 darüber abstimmen. Die dann noch ausstehende formale Zustimmung des Rates und des Plenums des Europäischen Parlaments soll nach der Sommerpause erfolgen. Nach Inkrafttreten der Verordnung haben die Mitgliedstaaten fünf Jahre Zeit, diese umzusetzen.
Den angenommenen Kompromisstext finden Sie hier.
Wirtschaft
Handelsabkommen der EU mit Australien und Neuseeland: Verhandlungsstart
Am 18. und 21.6.2018 hat die EU mit Australien und Neuseeland Verhandlungen über den Abschluss von bilateralen Handelsabkommen aufgenommen. Mit den Abkommen sollen Hemmnisse für den Waren- und Dienstleistungsverkehr abgebaut, neue Chancen für große und kleine Unternehmen geschaffen und ambitionierte Regeln für einen nachhaltigen Handel aufgestellt werden. Die Verhandlungsrunden beginnen im Juli 2018.
Weitere Informationen zu den Verhandlungen mit Australien finden Sie auf der Internetseite der Europäischen Kommission hier und zu den Verhandlungen mit Neuseeland hier.
Energie und Nachhaltigkeit
European Sustainable Energie Week in Brüssel
Vom 4.- 8.6.2018 fand die European Sustainable Energie Week (EUSEW) in Brüssel statt. Diese Konferenz wird jährlich von der Generaldirektion Energie der Europäischen Kommission veranstaltet. Sie bietet Raum für über 60 Veranstaltungen, die von ca. 2.500 Vertretern aus Politik, Behörden, Industrie, Interessengruppen, NGOs, Forschung und Wissenschaft besucht werden.
Die Kommission hat in diesem Jahr ganz besonders die Architektur in Bezug auf den Klimaschutz hervorgehoben. Es wurden einige Veranstaltungen abgehalten, die beleuchteten, welchen Beitrag Architekten im Übergang zur sauberen Energie, zur Kreislaufwirtschaft, zur Nutzung moderner Technologien und zur Sanierung des europäischen Gebäudebestandes leisten können. Auch die Frage, wie nachhaltiges Bauen und Sanieren finanziert werden können, wurde diskutiert.
Ruth Schagemann nahm für die BAK als Sprecherin an der Veranstaltung „The Contribution of Energy Smart Solutions to Social Cohesion in Cities“ teil, die von ICLEI/ local governments for sustainability in Zusammenarbeit mit dem ACEACE Architects’ Council of Europe
Conseil des Architectes d’Europe veranstaltet wurde. Sie betonte, dass die Anwendung intelligenter Technologien den Betrieb und die Versorgung eines Gebäudes an die Bedürfnisse des Nutzers und des Gebäudes anpassen und die Energieeffizienz und die Gesamtleistung des Gebäudes verbessern können. Sie wies darauf hin, dass architektonische Lösungen für die Gebäudeleistung gegenüber technischen Lösungen zu priorisieren seien. Hier kann auf langjähriges Fachwissen zurückgegriffen werden, was bei der kurzlebigen, schnellen und kostspieligen technischen Entwicklung nicht der Fall sei.
Der ACE veranstaltete im Rahmen der EUSEW einen Energy Day zum Thema „Smart and Smart-er: Architecture and Building Performance“. Im Laufe dieser Veranstaltung wurden die Möglichkeiten und Vor- und Nachteile von intelligenter Gebäudetechnik, Gebäudeautomatisierung und Gebäudedatenerhebung diskutiert. Judit Kimpian, Vorsitzende der ACE-Arbeitsgruppe für Energie und nachhaltige Architektur, nahm als Sprecherin teil. Sie unterstrich in ihrem Beitrag das für den Berufsstand wichtige Zusammenspiel aller Elemente der Gebäudetechnik und die Bedeutung einer ganzheitlichen Planung für die Nutzer der Gebäude.
Politische Einigung zur Energieeffizienz und zum Einsatz von erneuerbaren Energien
Am 14.6.2018 haben die Verhandlungsführer der Kommission, des Europäischen Parlaments und des Rates eine politische Einigung über die Novellierung der Richtlinie für Erneuerbare Energien erzielt, in der das verbindliche Ziel für den Einsatz von erneuerbaren Energien von 32 Prozent bis 2030 festgesetzt wurde. Dieses ist der zweite Legislativvorschlag von insgesamt acht Vorschlägen aus dem Winterpaket 2016 „Saubere Energie für alle Europäer“, der angenommen wurde. Als erstes wurde die novellierte Richtlinie für die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden am 14.5.2018 verabschiedet, deren Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in den nächsten Wochen erwartet wird.
Am 20.6.2018 wurde eine politische Einigung über neue Regeln zur Verbesserung der Energieeffizienz in Europa erzielt und sich auf ein Energieeffizienzziel von 32,5 Prozent bis 2030 geeinigt. Diese Einigung enthält eine Klausel, die eine Überprüfung für ein ambitionierteres Ziel bis 2023 zulässt. Da Europa einer der größten Importeure von fossilen Brennstoffen ist, wurde mit dieser Vereinbarung die Basis für ein energieunabhängiges Europa geschaffen.
Durch den erhöhten Einsatz von erneuerbaren Energien und die Reduzierung des Verbrauchs von Energie, werden Mittel frei, die in die Investition für effizientere Gebäude, Mobilität und Industrie fließen können. Die verbindlichen Ziele zur Energieeffizienz und der Einsatz von erneuerbaren Energien sind die Grundlage, das Abkommen von Paris umzusetzen.
Weitere Information zu der Richtlinie für Erneuerbare Energien finden Sie hier. Weitere Information zur Verbesserung der Energieeffizienz finden Sie hier.
Architektur, Stadtentwicklung und Baukultur
Heritage Summit: Debatte zur Zukunft des europäischen Kulturerbes
Unter dem Titel „Sharing Heritage – Sharing Values“ fand vom 18. bis zum 24.6.2018 der European Cultural Heritage Summit in Berlin und Potsdam statt. Der Gipfel war eine der zentralen Veranstaltungen im Rahmen des Europäischen Kulturerbejahres. Er wurde von der Europäischen Kommission, dem Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz (DNK), Europa Nostra und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) veranstaltet. Unter den Teilnehmern waren Vertreter des privaten, öffentlichen und zivilgesellschaftlichen Sektors, hochrangige Vertreter der europäischen Institutionen sowie aus Politik und Kultur.
Im Rahmen des Gipfelprogramms fand am 22.6.2018. fand eine Debatte zur Rolle des Kulturerbes für die Zukunft Europas statt, an der u.a. Tibor Navracsics, EU-Kommissar für Bildung, Kultur, Jugend und Sport, teilnahm. Anlässlich der Debatte präsentierten die drei Veranstalter-Organisationen den sogenannten „Berlin Call to Action”. Darin fordern sie die europäischen Institutionen, die EU-Mitgliedstaaten sowie Regionen und Städte dazu auf, sieben konkrete Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Kulturerbe zu ergreifen, so insbesondere einen europäischen Aktionsplan für Kulturerbe zu entwickeln und Kulturerbe als politische Priorität anzuerkennen. Der „Berlin Call to Action“ ist offen und kann durch Privatpersonen, Organisationen oder Institutionen unterzeichnet werden.
Den kompletten Text des „Berlin Call to Action“ finden Sie hier. Wenn Sie den Aufruf unterzeichnen möchten, so können Sie dies hier tun.
In eigener Sache
BAK-Vorstandssitzung und Begleitveranstaltungen am 26. und 27.6.2018 in Brüssel
Am Mittwoch, den 27.6.2018, tagte der BAK-Vorstand in der Landesvertretung Baden-Württemberg in Brüssel. Den Auftakt bildete ein Besuch in der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Union am Vortag. Mit der Leiterin der Abteilung für Wirtschaft sowie den zuständigen Referenten wurden aktuelle Themen des Binnenmarkts, das Dienstleistungspaket sowie das Vergabepaket der Europäischen Kommission, erörtert. Zum Thema Vergabe wurde in einem Panel mit einer Vertreterin der kommunalen Spitzenverbände und der Europäischen Kommission diskutiert. Abends lud die BAK zu einem Empfang in die Landesvertretung Baden-Württemberg ein. Der Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg Markus Müller stellte die Sichtweise des Berufsstandes zu Architektur und Nachhaltigkeit dar und diskutierte mit dem Leiter des Brüsseler Büros von ICLEI, einer NGO „Local Governments for Sustainability“. Im Anschluss hielt EU-Kommissar Oettinger einen Impulsvortrag, in dem er auf die europäische Idee einer Wertegemeinschaft und des Zusammenhalts einging. Er würdigte die wichtige Rolle der Architekten, die über die gebaute Umwelt ein bleibendes Erbe hinterließen.
Im Mittelpunkt der Vorstandsitzung am nächsten Tag stand ein breiter Strauß von EU-Themen wie Binnenmarkt, Kultur, Kohäsionspolitik, Energie, Digitalisierung und die EU-Städteagenda. Mit den beiden sozialdemokratischen Abgeordneten des Europäischen Parlaments Petra Kammerevert und Peter Simon wurden die Themen EU-Städteagenda und Kulturerbe beleuchtet. Hierbei bestand Einigkeit, dass qualitative Baukultur und integrative Stadtentwicklung von großer Bedeutung sind.
Nächste Ausgabe des Berichts aus Brüssel
Der nächste Bericht aus Brüssel erscheint nach der Sommerpause wieder mit der Septemberausgabe.
Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern eine schöne und erholsame Sommerzeit!