In der Europäischen Woche für nachhaltige Energie (EUSEW), die vom 19.-25.6.2017 in Brüssel stattfand, wurde eine Reihe von Veranstaltungen angeboten, die eine sichere Energiezukunft für Europa unterstützen sollen. Hier kamen Behörden, private Unternehmen, NGOs und Konsumenten zusammen, um Initiativen zu fördern, deren Ziel es ist, Energie zu sparen und den Einsatz erneuerbarer Energien zu fördern. Die von der Europäischen Kommission 2006 gestartete EUSEW wird von der Exekutivagentur für kleine und mittlere Unternehmen (EASME) in enger Zusammenarbeit mit der Generaldirektion Energie jährlich organisiert.
Die BAK und der Architects‘ Council of Europe (ACEACE Architects’ Council of Europe Conseil des Architectes d’Europe) veranstalteten im Rahmen der EUSEW am 22.6.2017 eine Konferenz mit dem Titel „ARCHITECTURE – TOWARDS A STEP CHANGE IN BUILDING PERFORMANCE“.
Da auf den Gebäudesektor 40 Prozent des europäischen Gesamtenergieverbrauches fallen, war Ziel der Konferenz, mit Akteuren aus dem Bausektor und Vertretern der Kommission über die Rolle der Architektur bei der Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen und über die Möglichkeit eines systematischen Monitorings der erreichten Leistungen von Gebäuden im Betrieb zu diskutieren. Die Veranstaltung sollte auch dazu dienen, der Kommission im Rahmen der Novellierung der Europäischen Richtlinie zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBDEPBD Energy Performance of Buildings Directive) darzulegen, dass nicht Gebäudetechnik ausschlaggebend für energieeffiziente und nachhaltige Gebäude ist, sondern vielmehr deren Konzeption, für die die Architekten verantwortlich sind.
Vormittags fand eine Podiumsdiskussion statt, die nach einer Einleitung durch den Präsidenten des ACE, Luciano Lazzari, von dem Bundesgeschäftsführer der Bundesarchitektenkammer Dr. Tillman Prinz moderiert wurde. Teilnehmer der Diskussion waren Dr. Judit Kimpian (Architektin, Vorsitzende der ACE Arbeitsgruppe „Umwelt und nachhaltige Architektur“, ESA), Rodolphe Nicolle (Geschäftsführer Buildings 2030), Josefina Lindblom (Generaldirektion Umwelt) und Anne Speicher (Architektin, Geschäftsführende Gesellschafterin von Baumschlager Eberle Architekten).
In der Podiumsdiskussion wurde lebhaft diskutiert, inwieweit Architektur in ihrer Beschaffenheit und Konstruktion einen großen Beitrag zur global angestrebten Energieeffizienz und Nachhaltigkeit leisten kann, unter der Berücksichtigung ein optimales Raumklima zu schaffen, das Wohlbefinden der Bewohner zu erlangen und eine Wertsteigerung der Gebäude zu erreichen.
Frau Speicher stellte zur Einführung in die Thematik der nachhaltigen und energieeffizienten Architektur das Projekt „Bürogebäude 2226“ (Lustenau, Österreich) vor, das aufgrund seiner Baukonstruktion, der verwendeten Baumaterialien, Nutzung von natürlicher Lüftung und Wärmequellen und der räumlichen Konzeption auf Anlagentechniken verzichten konnte. Das Gebäude verfügt weder über Heizung noch über mechanische Lüftung und Kühlung, was nicht nur Einfluss auf den Energieverbrauch hat, sondern auch die Wartungskosten sinken lässt. Über eine Software können die Nutzer die natürliche Lüftung, bzw. das Öffnen und Schließen der Fenster steuern. Die Proportionen des Gebäudes, die Wahl der Baumaterialien und der Standort sind die Grundlage der erreichten Energieeffizienz, des geringen Verbrauchs an grauer Energie und der Zufriedenheit der Nutzer.
Josefina Lindblom (Generaldirektion Umwelt) stellte die durch die Kommission entwickelten sogenannten „Levels“ vor. Dieses sind eine Reihe einfacher Metriken, die einen Bewertungsrahmen bilden, der zur einheitlichen freiwilligen Überprüfung von Gebäuden auf ihre Nachhaltigkeit während ihres gesamten Lebenszyklus dient. „Levels“ arbeiten mit Indikatoren, die den Energieverbrauch, Materialien, Wasser, Gesundheit, Innenraumkomfort, Klimawandel, Lebenskosten und den Wert eines Gebäudes untersuchen. Sie unterstützen Leistungsvergleiche und sollen eine Verbesserung der Leistung erreichen. Sie sind sowohl für Neubauten als auch für renovierte Bürogebäude und Wohngebäude anwendbar.
Am Nachmittag wurde die Diskussion in Form eines Workshops fortgesetzt, der von Dr. Judit Kimpian moderiert wurde. Paula Rey-Garcia (Generaldirektion Energie), Prof. Heiner Lippe (Universität Lübeck, BAK), Dr. Peter Andreas Sattrup (Senior Advisor on Sustainability at the Danish Association of Architectural Firms), Thomas Coldefy (Coldefy & Associates Architects Urban planners), Zsolt Toth (Royal Institution of Chartered Surveyors) und Matt Pumfrey (Energy Pro) waren eingeladen über Graue Energie in Baustoffen, Lebenszykluskosten, Innenraumkomfort, die Wertschöpfung im Design, Finanzierung und Natur im Gebäude zu referieren.
Frau Ray-Garcia stellte kurz die Schwerpunkte der Vorschläge zur Novellierung der EPBD vor. Dabei ging sie besonders auf die von der Kommission vorgeschlagene Renovierungsstrategie ein und die Notwendigkeit, die Lebenszyklen von Gebäuden und die Indikatoren zur Ressourceneffizienz, die durch die Generaldirektion Umwelt entwickelt wurden, zu berücksichtigen.
Anhand von vielen praktischen Beispielen wurde dargestellt, in welcher Form und welchem Umfang Architektur und Design Einfluss auf die Nachhaltigkeit eines Gebäudes, die Unterhaltskosten und die Zufriedenheit der Nutzer haben.
Sowohl die Podiumsdiskussion als auch der Workshop stießen auf großes Interesse und wurden von vielen Architekten, Akteuren im Baugewerbe und Mitarbeitern der Kommission besucht. Die vielen Fragen und Anregungen im Anschluss an die Präsentationen und Diskussionsrunden zeigten, in welchem Fokus Architekten und Gebäude hinsichtlich der global angestrebten Energieeffizienz und einer nachhaltigen Gesellschaft stehen. In beiden Veranstaltungen konnten erfolgreich der internationale Dialog zwischen allen Teilnehmern hergestellt und Erfahrungen, Sichtweisen und Argument ausgetauscht werden. Sie waren ein weiterer Schritt in der Zusammenarbeit mit der Kommission, die das ACE als europäischen Dachverband der Architekten dazu einlud, die Arbeitsgruppe der Kommission zur Entwicklung der Intelligenzindikatoren zu begleiten.
Unter diesem Link können die Präsentationen der einzelnen Vorträge aufgerufen werden.