Unter dem Credo „Mehr Fortschritt wagen“ hat die neue Bundesregierung eine Vielzahl von Maßnahmen im Gebäudebereich in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt. Die BAKBAK Bundesarchitektenkammer hat sich insbesondere die ordnungsrechtlichen energetischen Anforderungen, die Neuerungen bei der Förderung sowie die Aussagen zum nachhaltigen Bauen, dem Quartiersansatz und der Innovationsklausel angesehen und diese insgesamt als positiv bewertet.
Detaillierte Darstellung und Kommentierung der einzelnen Maßnahmen
- Ordnungsrechtlich energetische Anforderungen
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Regelung im Koalitionsvertrag
Der Koalitionsvertrag sieht u.a. eine Verschärfung der Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes vor, um den Klimaschutz im Gebäudebereich voranzubringen. Ab dem 1. Januar 2025 soll jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden. Zum 1. Januar 2024 sollen die Anforderungen für wesentliche Ausbauten, Umbauten und Erweiterungen von Bestandsgebäuden so angepasst werden, dass die auszutauschenden Teile dem Effizienzhaus 70 entsprechen. Ab dem 1. Januar 2025 soll der bisherige Förderstandard Effizienzhaus/-gebäude 40 zum verpflichtenden Neubau-Standard werden. Nach dem bisherigen Haushaltsrecht könnte dieser Standard dann nicht mehr in der BEGBEG Bundesförderung für effiziente Gebäude gefördert werden.
BAK-Kommentierung
Die Anhebung der ordnungsrechtlichen energetischen Anforderungen sowohl für Neubau wie auch für Sanierung sind mit Blick auf die Klimaschutzziele notwendig. Selbstverständlich sollten Neubauten künftig immer im energetisch bestmöglichen Zustand errichtet werden; natürlich nachgewiesenermaßen kreislaufgerecht. Bei Bestandsgebäuden muss künftig jedoch sehr viel differenzierter als heute vorgegangen werden. Auch hier muss bei jeder grundlegenden Gebäudeänderung eine klimaneutrale Gebäudenutzung angestrebt werden. Insbesondere in Innenstädten ist dies vielfach durch den einzelnen Gebäudeeigentümer aus baurechtlichen und technischen Gründen nicht allein realisierbar. Die Lösung liegt also darin, dass für jedes Gebäude im Zuge eines übergreifenden planerischen Gesamtkonzeptes die optimale Kombination von Dämmmaßnahmen, Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien und (falls möglich) Quartierslösungen erarbeitet und umgesetzt wird. Nur so kann das Ziel, ein Maximum an THG-Einsparung herauszuholen, erreicht werden.
- Neuerungen bei der Förderung
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Regelung im Koalitionsvertrag
Im Rahmen des Klimaschutzsofortprogramms soll schon 2022 nach dem Auslaufen der Neubauförderung für den Effizienzhausstandard 55 ein neues Förderprogramm für den Wohnungsneubau eingeführt werden, das insbesondere die Treibhausgas-Emissionen pro m² Wohnfläche fokussiert.
BAK-Kommentierung
Die angekündigte Ausrichtung der Gebäudeförderung auf THG-Emissionen ist der folgerichtige Schritt, um das angestrebte Ziel, ein Maximum an THG-Einsparung im Gebäudebereich herauszuholen, zu erreichen.
- Quartiersansatz und Innovationsklausel
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Regelung im Koalitionsvertrag
Der Quartiersansatz und die Innovationsklausel (Bilanzierung auf Basis der THG-Emissionen) sollen fortgeschrieben werden. Damit soll eine wirtschaftlich effiziente und sozialverträgliche Umsetzung der Klimaschutzziele im Gebäudebereich sichergestellt werden, die sich insbesondere an der eingesparten Tonne CO2 orientiert. Dazu setzt man auf passgenaue und technologieoffene Maßnahmen aus Optimierung der Gebäudehülle, der technischen Anlagen zur Erzeugung und Versorgung mit erneuerbarer Energie am Gebäude und Quartierslösungen.
BAK-Kommentierung
Quartierskonzepte, sind bei der Erarbeitung solcher Gesamtkonzepte ein unabdingbarer Baustein. Die BAK begrüßt daher, dass laut Koalitionsvertrag Quartiersansatz und Innovationsklausel fortgeschrieben werden sollen. Es bleibt zu hoffen, dass insbesondere der Ansatz der energetischen Quartiers- und Stadtsanierung künftig zum selbstverständlichen Bestandteil des Instrumentenkastens einer jeden Kommune wird. Es geht darum, integriertes, räumlich ausgerichtetes Denken und Handeln für Synergien zwischen verschiedenen Sektoren und die Verknüpfung von optimalem Wärmeschutz und Effizienz mit erneuerbarer Energieversorgung auf Quartiersebene voranzutreiben.
- nachhaltiges Bauen
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Regelung im Koalitionsvertrag
Die Ampel-Koalition möchte die Grundlagen schaffen, den Einsatz grauer Energie sowie die Lebenszykluskosten verstärkt betrachten zu können. Dazu soll unter anderem ein digitaler Gebäuderessourcenpass eingeführt werden. Außerdem will man eine nationale Holzbau-, Leichtbau- und Rohstoffsicherungsstrategie auflegen.
BAK-Kommentierung
Dass die Betrachtung des Einsatzes grauer Energie sowie der Lebenszykluskosten zum Zwecke einer Stärkung der Kreislaufwirtschaft im Koalitionsvertrag Erwähnung finden, begrüßt die BAK als wichtiges Signal. Es bleibt allerdings abzuwarten, mit welchen konkreten legislativen Maßnahmen dieses Bekenntnis mit Leben erfüllt werden soll.