Die Bauministerkonferenz (BMK) der Länder hat in ihrer Sitzung am 18. und 19.11. zwei – aus Sicht der Bundesarchitektenkammer (BAKBAK Bundesarchitektenkammer) – bemerkenswerte Beschlüsse gefasst.
- Erstens: Einen an den Klimaschutzzielen im Gebäudebereich ausgerichteten rechtlichen Rahmen zu schaffen, der „im Einzelfall optimalen und effizientesten Kombinationen von Dämmmaßnahmen, Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien und Quartierslösungen ermöglicht“.
- Zweitens: Aus Gründen des Klima- und Ressourcenschutzes die Prioritäten im Gebäudebereich so zu setzen, dass Bestandserhalt sowie die Wiederverwendung von Bauteilen und Wiederverwertung von Baustoffen künftig gestärkt werden.
Beides begrüßt und unterstützt die BAK.
Schlüssel für die Vermeidung von Treibhausgas-Emissionen liegt in einer ganzheitlichen Betrachtung
Aus Sicht der BAK unterstützt der Beschluss der BMK zur Wärmewende im Gebäudebestand das Ziel, eine klimaneutrale Gebäudenutzung innerhalb der nächsten 20 Jahre zu erreichen. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass dieser radikale Wandel durch Energieeffizienzmaßnahmen allein nicht erreicht werden kann. Notwendig ist die vollständige Substitution von Kohle-, Öl- und Gasheizungen durch die Nutzung erneuerbarer Energien. Der Schlüssel dafür liegt in einer ganzheitlichen Betrachtung, mit dem Ziel, die Treibhausgasemissionen (THG) zu vermeiden. Und ja – es gibt einen kausalen Zusammenhang zwischen Dämmung und THG-Emissionen. Dämm-Maßnahmen an den Bauteilen der Außenhülle schaffen die bautechnischen Voraussetzungen, um erneuerbare Energien überhaupt einsetzen zu können und liefern die Grundlage für sozial und wirtschaftlich vertretbare Betriebskosten.
Energetische Standards für Bestandsbauten müssen künftig differenzierter sein
Selbstverständlich sollten Neubauten künftig immer im energetisch bestmöglichen Zustand errichtet werden; natürlich nachgewiesenermaßen kreislaufgerecht. Bei Bestandsgebäuden muss in Zukunft jedoch sehr viel differenzierter als heute vorgegangen werden. Auch hier muss bei jeder grundlegenden Gebäudeänderung eine klimaneutrale Gebäudenutzung angestrebt werden. Dabei ist es jedoch kontraproduktiv, wenn die Potenziale des Vorhandenen nicht ausgeschöpft werden und durch die Anwendung der für den Neubau entwickelten starren EH-Standard-Systematik Rohstoffe verschwendet und die die kulturelle Identität prägende Gestalt unserer Städte, Siedlungen und Gebäude in Mitleidenschaft gezogen werden. Das Ziel muss deshalb darin bestehen: „Dämm-Maßnahmen vor dem Hintergrund knapper Rohstoffe wie auch aus der Sicht des nachhaltigen Bauens und der Wirtschaftlichkeit gebäudebezogen und im Zusammenspiel mit der Heizungstechnik und den anderen Aspekten des Bauens festzulegen, so dass THG-Emissionen vermieden und warme Betriebskosten gesenkt werden. Insofern ist die im jüngst veröffentlichten Koalitionsvertrag angekündigte Ausrichtung der Förderung auf THG-Emissionen ein richtiger Schritt.“ so Dr. Ronald Franke, Stellv. Vorsitzender des BAK-Ausschusses Nachhaltigkeit. Insbesondere in Innenstädten ist dieser Transformationsprozess vielfach durch den einzelnen Gebäudeeigentümer aus baurechtlichen und technischen Gründen nicht allein realisierbar. Notwendig sind dafür ein übergreifendes planerisches Gesamtkonzept und die Mitwirkung aller Beteiligten. Quartierskonzepte, welche sich dieser Probleme annehmen sind deshalb unabdingbar.
Es bedarf eines Umbau- und Kreislauf-gerechten Regelungsrahmens
Die BAK begrüßt außerdem das Bekenntnis der BMK zur Priorisierung von Umbau und Kreislaufwirtschaft im Gebäudebereich. Es ist zumindest ein erster Schritt und ein wichtiges Signal. Einen schlanken Fuß machen sich die Bauministerinnen und Bauminister der Länder allerdings, wenn sie sagen, dass sie insbesondere Planerinnen und Planer in der Verantwortung sehen, den Paradigmenwechsel zu befördern. Die Architektinnen und Architekten sind zwar hoch motiviert, Umbau und Kreislaufwirtschaft beim Planen und Bauen zu stärken. Allerdings brauchen sie private und vor allem öffentliche Auftraggeber, die das einfordern. Und nicht zuletzt muss die Politik die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen herstellen. Andernfalls wird es den Paradigmenwechsel nicht geben. Die Bauministerinnen und Bauminister der Länder haben es in der Hand, einen Umbau- und Kreislauf-gerechten Regelungsrahmen zu schaffen. Die BAK steht gern bereit, daran mitzuwirken.