Berlin/Erfurt, 3.11.2023 | Die inklusive Gestaltung des öffentlichen Raumes leistet einen bedeutenden Beitrag zur eigenständigen Lebensführung von Menschen mit Behinderungen und stellt zugleich einen wesentlichen Beitrag baukulturellen Handelns dar. Als Mehrwert für alle befördert sie das gemeinsame Miteinander und trägt in hohem Maße zur Identität und Identifikation mit dem gebauten Lebensumfeld als Sozialraum bei. Entscheidend hierfür sind sowohl die barrierefreie Erreichbarkeit der Orte im gebauten Raum als auch die Barrierefreiheit der Orte selbst. Hat Barrierefreiheit als Planungsmaxime in den vergangenen Jahren im urbanen Raum zunehmend Beachtung gefunden, ist die bauliche und qualitätvolle Realisierung im ländlich geprägten Kontext oftmals noch nicht in gleichem Maße in den Fokus gerückt.
Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, lud am 02.11.2023 gemeinsam mit der Bundesarchitektenkammer, den Architektenkammern Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie dem Thüringer Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen, Joachim Leibiger, ins Congress Center der Messe Erfurt ein.
„Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, gerade im ländlichen Raum, sind wir gut beraten, neugeplante Infrastruktur grundsätzlich barrierefrei zu bauen. Egal, ob es um die gesundheitliche Versorgung, die Mobilität oder das altersgerechte Wohnen geht: Barrierefreiheit ist ein Qualitätsstandard für ein nachhaltiges und innovatives Land, es dient allen Menschen, egal ob mit oder ohne Behinderung“, so macht Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung, seine Position deutlich.
„Inklusion gehört selbstverständlich auch in den ländlichen Raum – daher müssen die vielfältigen Potentiale dort durch Planungsexpertise und die richtigen Rahmenbedingungen erschlossen werden, denn in unserer Zeit der Krisen und Umbrüche stärken sie den Zusammenhalt und stellen einen großen Mehrwert für die gesamte Gesellschaft dar“, stellt Martin Müller, Vizepräsident der Bundesarchitektenkammer, fest und freut sich auf die zahlreichen gelungenen Beispiele. Beim derzeitigen Bauen im schwierigem Umfeld von rasant steigenden Baukosten, überbordenden Bauvorschriften und Fachkräftemangel einerseits sowie Wohnraummangel und Mietenexplosionen andererseits werde es eine große Aufgabe sein, die Anforderungen auszutarieren, so dass der soziale Schirm und das barrierefreie Bauen auch im ländlichen Bereich nicht „unter die Räder“ geraten.
Zu den Potentialen im ländlichen Raum resümiert Ines M. Jauck, Präsidentin der Architektenkammer Thüringen, auch aus ihrer kürzlichen Rückkehr von einer Fachexkursion aus Vorarlberg: „Das Bewusstsein für ein solidarisches und gemeinschaftliches Leben, für ein Miteinander in einem barrierefreien, multifunktionalen Dorfzentrum mit Einkaufsmöglichkeit, Kinder- und Altenbetreuung, Bibliothek, Praxis, Verein, Gemeinschaftsgarten und vielem mehr muss gestärkt werden. Inklusion, insbesondere im ländlichen Raum, bedeutet, dass ganz selbstverständlich alle dazu gehören und mitmachen können.“
Die Regionalkonferenz stellte mit Impulsvorträgen, Präsentationen gelungener regionaler Projekte sowie in Gesprächsrunden vor, wie interdisziplinäre und intelligente Planungsansätze aussehen können. Die von der ZDF-Journalistin Katrin Müller-Hohenstein moderierte Veranstaltung im Congress Center in Erfurt richtete sich an Architektinnen und Architekten, an Stadtplanerinnen und Stadtplaner, an die Interessenvertretung der Menschen mit Behinderungen, aber auch an Auftraggeber aus Kommunen und der Wohnungswirtschaft sowie an interessierte Bürgerinnen und Bürger.
Dr. Markus Rebstock, Bundesfachstelle Barrierefreiheit, Frieder Kreß, Vorstandsmitglied Architektenkammer Thüringen, Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Katrin Klima, Architektin, Florian Hallmann, Hallmann Architekten, Frank Baumgarten, Vorstand Stiftung Landleben, Peter Möller, Bahn-Hofladen e.G., Rottenbach, Sabine Feuer, Landesfachstelle für Barrierefreiheit in Thüringen, Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein vom ZDF, Martin Müller, Vizepräsident Bundesarchitektenkammer (hinten v. l.) sowie Marco Pompe, Inklusionsbeauftragter Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e. V. – ISL; Fachwart Rollstuhlsport im Thüringer Behinderten-Reha-Sportverband e. V. (vorne)
Fotografin: Melanie Kahl, Erfurt