Ausgabe 2/2021 vom 28. Februar 2021
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
der Bericht aus Brüssel der Bundesarchitektenkammer informiert über aktuelle europäische Themen, die für den Berufsstand der Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner relevant sind. Wir freuen uns über Anregungen und Rückmeldungen.
Ihr Team im EUEU Europäische Union-Verbindungsbüro der Bundesarchitektenkammer in Brüssel
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INHALTSVERZEICHNIS
1 INSTITUTIONELLES/ÜBERGREIFENDE THEMEN
1.1 NEUES EUROPÄISCHES BAUHAUS – DESIGNPHASE
Zurzeit ist das Projekt zu einem Neuen Europäischen Bauhaus in der sogenannten „Co-design“-Phase, in der gemeinsam mit allen Beteiligten ein Konzept erarbeitet wird, Ideen sowie beispielhafte Projekte gesammelt werden. Hierfür veranstaltete die Europäische Kommission in der letzten Woche eine Reihe von virtuellen Konferenzen. Diejenige vom 24. Februar richtete sich gezielt an Architektinnen, Designer und Kulturschaffende. Am 25. Februar fand ferner in der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen eine Veranstaltung zum NEBNEB Neues Europäisches Bauhaus statt, in der Ruth Reichstein seitens der Europäischen Kommission und MdEP Sabine Verheyen für das Europäische Parlament, Vorsitzende des Kulturausschusses, diskutierten. Zugeschaltet waren die Bauministerin Ina Scharrenbach sowie Markus Lehrmann, AKNWAKNW Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, die die zahlreichen zukunftsweisenden Projekte in Nordrhein-Westfalen hervorhoben und auf die Ursprünge des Bauhauses in Hagen hinwiesen.
Die BAKBAK Bundesarchitektenkammer begrüßt die Idee zum Neuen Bauhaus. Positiv ist der partizipative sowie der ganzheitliche Ansatz der Europäischen Kommission. Sowohl im Architects’ Council of Europe als auch in der BAK wird zurzeit diskutiert, wie konkreter zu der Initiative beigetragen werden kann. Der von der BAK initiierte Runde Tisch mit BMIBMI Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, Bundesstiftung Baukultur, der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen und anderen zur Koordinierung der Vorschläge aus Deutschland findet zum dritten Mal statt. Hier wird ein Konzeptpapier erörtert, das an die Kommission übermittelt werden soll. Ferner hat der BAK-Vorstand dem Vorschlag zugestimmt, dass die BAK Partner des Bauhauses wird.
Die Webseite zum neuen Europäischen Bauhaus finden Sie hier.
2 STÄRKUNG FREIBERUFLICHKEIT UND FÖRDERUNG MITTELSTAND
2.1 BINNENMARKT FÜR DIENSTLEISTUNGEN: NEUE REFORMEMPFEHLUNGEN FÜR REGULIERTE BERUFE
Die Europäische Kommission plant eine Neuauflage der 2017 im Rahmen des Dienstleistungspakets veröffentlichten Reformempfehlungen für regulierte Berufe im ersten Halbjahr dieses Jahrs. Hierzu überarbeitet sie zurzeit auch den seinerzeit erstmals vorgestellten Regulierungsindikator, der sich auf den OECD- Regulierungsindikator und ihre eigene Datenbank zu den regulierten Berufen stützt. Im Prozess der Neuauflage sind die Mitgliedstaaten um Anmerkungen zum überarbeiten Indikator gefragt worden. Die BAK ist im Gespräch mit der Bundesregierung und der Kommission, um Einfluss auf die Angaben zum Berufsstand zu nehmen. Hinsichtlich der Reformempfehlungen von 2017 hatte die BAK grundsätzliche Bedenken, die sich auf die Annahme der Kommission, Deregulierung führe zu mehr Wettbewerb, richteten. Die BAK konnte weder die von der Kommission aufgestellten Grundannahmen und den Indikator noch ihre Schlussfolgerungen nachvollziehen.
Siehe die damalige Stellungnahme hier.
2.2 FAHRPLAN ZU EUROPAS DIGITALEN ZIELEN BIS 2030
Die Europäische Kommission hat am 10. Februar 2021 einen Fahrplan zu ihren digitalen Zielen bis 2030 veröffentlicht. Interessenträger haben bis 9. März 2021 die Gelegenheit, sich daran zu beteiligen. Hintergrund ist die von der Kommission im Februar 2020 vorgestellte Digitale Strategie, in der sie Leitlinien für den Umgang der EU mit den Herausforderungen durch die zunehmende Digitalisierung und für die hierfür bereitgestellten Mittel im Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 (MFR) sowie im Corona-Wiederaufbaufonds festlegt. Mit dem Fahrplan reagiert die Kommission einerseits auf die Herausforderungen und neuen Entwicklungen im technischen Bereich. Es soll eine Mitteilung mit Vorschlägen zur digitalen Infrastruktur in Europa, zu digitalen Bildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten, zur Förderung der Digitalisierung der Wirtschaft und der Unternehmen und zur digitalen Verwaltung vorgelegt werden. Bei der nächsten Sitzung der Steuerungsgruppe Digitalisierung der BAK wird das Thema vorgestellt und die weiteren Aktionen diskutiert.
Weiterführender Link:
Fahrplan der Europäischen Kommission (EN) (Februar 2021)
2.3 STUDIE DER EUROPÄISCHEN KOMMISSION ZU DIGITALEN GEBÄUDELOGBÜCHERN
Die Europäische Kommission hat im Januar eine Studie zur Entwicklung eines EU-Rahmens für digitale Gebäudelogbücher vorgelegt. Diese wurde vom Buildings Performance Institute Europe (BPIE) sowie den Forschungs- und Beratungsunternehmen R2M Solution und VITO durchgeführt. Mit der Studie sollen erste Grundlagen für die in der Renovation Wave angekündigte Idee eines digitalen Gebäudelogbuchs gelegt werden, das die Digitalisierung des Bausektors beschleunigen soll. Hierfür wurden Konsultationen, Interviews mit Experten und eine detaillierte Analyse von vierzig bestehenden Gebäudelogbuch-Initiativen in und über Europa hinaus durchgeführt. Es wird eine einheitliche Definition von digitalen Gebäudelogbüchern entwickelt, die als Speicher bzw. Verzeichnis aller relevanten Gebäudedaten dienen und dadurch Transparenz, eine fundierte Entscheidungsfindung und den Informationsaustausch innerhalb des Bausektors, zwischen Gebäudeeigentümern und -nutzern, Finanzinstituten und Behörden erleichtern sollen. Die Studie empfiehlt einen standardisierten Ansatz für die Erfassung, Verwaltung und die Interoperabilität von Daten sowie Leitlinien für die Verknüpfung bestehender Datenbanken. Die Studie wird in der nächsten Sitzung der Steuerungsgruppe Digitalisierung der BAK vorgestellt und anknüpfende Maßnahmen diskutiert.
Die Studie ist hier verfügbar.
2.4 I-PORTUNUS – MOBILITÄTSFÖRDERUNG FÜR ARCHITEKTINNEN UND ARCHITEKTEN
Über die Initiative “i-Portunus” zur Unterstützung der internationalen Mobilität von Künstlern und Kulturschaffenden können sich interessierte Architektinnen und Architekten noch bis zum 14. März für einen finanziellen Zuschuss von maximal dreitausend Euro pro Person für kurzzeitige Auslandsaufenthalte zwecks beruflicher Weiterbildung und internationaler Zusammenarbeit bewerben. Diese können zwischen sieben und sechzig Tagen dauern und müssen zwischen dem 16. Juni und dem 30. November 2021 stattfinden. Das Förderprojekt wird vom Goethe-Institut koordiniert und im Rahmen des EU-Kulturförderprogramms Creative Europe von der Europäischen Kommission ko-finanziert. Das Verbindungsbüro Brüssel der BAK hat die Länderkammern am 25. Januar über die Ausschreibung informiert. Die Ausschreibung ist ein Pilotprojekt, das später in das neue EU-Programm Creative Europe als Bestandteil der sektoriellen Förderung von Architektur aufgenommen werden soll und daher eine gute Möglichkeit zur Beteiligung des Berufsstands. Die BAK hatte sich für die Mobilitätsförderung im Programm ausgesprochen (siehe dazu auch BaB vom 29.1.21, Ziff. 4.1).
Ausführliche Informationen zu der Ausschreibung finden Sie hier.
3 NACHHALTIGKEITSSTRATEGIE PLANEN UND BAUEN
3.1 ERSTE ÜBERLEGUNGEN ZUR NOVELLIERUNG DER RICHTLINIE ÜBER DIE GESAMTENERGIEEFFIZIENZ VON GEBÄUDEN
Die Europäische Kommission hat Mitte Februar einen Fahrplan mit ersten Überlegungen zur geplanten Novellierung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBDEPBD Energy Performance of Buildings Directive) vorgelegt. Darin werden Optionen skizziert, um die EPBD an die Ziele der Renovation Wave anzupassen und die Dekarbonisierung von Gebäuden voranzubringen. Im Einzelnen erwägt die Kommission, die Vorschriften zu Energieausweisen zu überprüfen sowie verbindliche Mindeststandards zur Energieeffizienz verschiedener Gebäudetypen, Fahrpläne zur Gebäudesanierung und eine Definition zur umfassenden Gebäudesanierung (“deep renovation”) vorzuschlagen. Weitere wichtige Themen sind die Ressourceneffizienz und die Kreislaufwirtschaft, um Emissionen über den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden zu reduzieren, sowie Digitalisierung, Klimaresilienz und Standards für Umwelt und Gesundheit.
Da verpflichtende Regelungen der geänderten EPBD – soweit die Novellierung beschlossen wird – auch im deutschen GebäudeenergiegesetzGEG Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung Erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden (GEGGEG Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung Erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden) zwingend vom Gesetzgeber umzusetzen sein werden, prüft die BAK derzeit die von der Kommission genannten Novellierungsoptionen und wird sich nach Beratung in ihrem Ausschuss Wirtschaft, Energie, Baukultur (WEB) am geplanten europäischen Konsultationsprozess zur EPBD beteiligen. Bis zum 22. März besteht zunächst die Möglichkeit, Stellung zu dem Fahrplan zu nehmen. Anschließend ist eine ausführliche öffentliche Konsultation für das zweite Quartal 2021 angekündigt. Mit dem EPBD-Novellierungsvorschlag wird im vierten Quartal 2021 zu rechnen sein.
Weitere Informationen zum Fahrplan finden Sie hier.
3.2 ENTSCHLIEßUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS ZUM NEUEN EU-AKTIONSPLAN FÜR DIE KREISLAUFWIRTSCHAFT
Das Europäische Parlament hat sich im Februar mit einer Entschließung zum neuen EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft vom März 2020 positioniert und darin einige Empfehlungen zur weiteren Ausgestaltung gegeben. Hinsichtlich der Bauwirtschaft spricht es sich für rechtliche Mindestanforderungen an die Umweltverträglichkeit von Gebäuden aus. Bei der Gebäudeplanung seien hochwertige Strategien erforderlich, die sich auf die Sanierung, den Umbau und die Weiternutzung von Gebäuden statt auf Neubauten konzentrieren. Weitere wichtige Themen mit Relevanz für das Bauwesen sind eine nachhaltige Produktpolitik mit branchenspezifischen Zielvorgaben zur Kreislaufwirtschaft und zum Umgang mit Recycling und Abfall, der Einsatz von Kreislaufindikatoren, die umweltgerechte Auftragsvergabe sowie die Nutzung von digitalen Instrumenten wie Produktpässen.
Aus Sicht der BAK ist zu begrüßen, dass die Bezugspunkte zum Gebäudebereich gegenüber dem ursprünglichen Textentwurf, in dem zunächst nur ein Verweis auf die Renovation Wave vorgesehen war, deutlich geschärft wurden. Dabei wurden einige wichtige Anliegen des Berufsstands aufgenommen, die die BAK in einer Stellungnahme zum neuen EU-Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft im September 2020 eingebracht hatte, insbesondere zum Umgang mit dem Gebäudebestand und dem Wert guter Planung.
Die Entschließung zum neuen EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft finden Sie hier.
Die BAK-Stellungnahme vom September 2020 finden Sie hier.
3.3 NEUE EU-STRATEGIE ZUR ANPASSUNG AN DEN KLIMAWANDEL
Die Europäische Kommission hat Ende Februar eine neue Strategie zur Anpassung an den Klimawandel vorgelegt, mit der sie die EU-Mitgliedstaaten dabei unterstützen möchte, den Klimawandel einzudämmen und sich besser gegen seine Folgen zu wappnen. Ziel ist es, hierfür notwendige Maßnahmen schneller und strategischer umzusetzen. Als Prioritäten nennt die Kommission die Einbettung der Klimaanpassung in die EU-Finanzplanung und den Haushalt, den verstärkten Einsatz von naturbasierten Lösungen wie blau-grüner Infrastrukturen sowie die Förderung lokaler Anpassungsmaßnahmen. Klimaresilienz soll künftig als übergreifendes Thema in allen EU-Politikbereichen einbezogen werden, so etwa bei der geplanten Novellierung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) und bei Vorhaben zum umweltgerechten öffentlichen Beschaffungswesen. Auch der Zugang zu Umweltinformationen und Daten zu umwelt- und klimabedingten Risiken soll verbessert werden. Dazu kündigt die Kommission für 2021 die Überarbeitung der INSPIRE-Richtlinie zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur an.
Aus Sicht der BAK ist die Strategie und insbesondere der Fokus auf blau-grüne Infrastrukturen und naturbasierte Lösungen ausdrücklich zu begrüßen. Es wird deutlich, dass für die Klimaanpassung in hohem Maße eine gute Planung und Expertise auf lokaler Ebene erforderlich ist. Hier sind insbesondere die Kompetenzen von Stadtplanerinnen und Landschaftsarchitekten einzubeziehen. Die BAK-Fachausschüsse Landschaftsarchitektur und Stadtplanung sowie der Ausschuss Wirtschaft, Energie, Baukultur (WEB) werden sich mit dem Thema weiter befassen, auch vor dem Hintergrund der neuen Nachhaltigkeitsstrategie für Deutschland, die das Bundeskabinett voraussichtlich im März beschließen wird.
Die neue EU-Strategie zur Anpassung an den Klimawandel finden Sie hier.
4 VERBÄNDE
4.1 ACEACE Architects’ Council of Europe Conseil des Architectes d’Europe-WORKSHOP ZUR KOMMUNIKATIONS- UND ÖFFENTLICHKEITSARBEIT
Anfang Februar fand ein virtueller Workshop des ACE zur Verbreitung von berufspolitischen Informationen statt. Der ACE bereitet derzeit eine Neuauflage seiner Strategie für die Jahre 2021 bis 2025 vor. Damit einhergehend sollen auch die Kommunikation und die Öffentlichkeitsarbeit optimiert werden. Ziel des Treffens war daher, die Kommunikationsabläufe zwischen ACE und Mitgliedsorganisationen besser zu koordinieren. Es wurde festgehalten, dass die Mitgliedsorganisationen eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung der Positionen des ACE und für seine Sichtbarkeit spielen. Sie seien ein wichtiger Multiplikator für berufspolitische Anliegen und gleichzeitig wichtig, um Rückmeldungen aus den Ländern an den ACE zu übermitteln. Seitens der Mitgliedsorganisationen wurde hervorgehoben, dass aufgrund ihrer vielen Aufgaben ein Filtern von Informationen zu den EU-Themen nicht immer möglich sei. Daher seien gut aufbereitete Informationen durch den ACE sehr wichtig. Von den Mitgliedern hat allein die BAK ein Verbindungsbüro in Brüssel und arbeitet mit dem ACE eng zusammen, um gemeinsam Initiativen und Gesetzesvorhaben der EU-Institutionen im Sinne des Berufsstands zu beeinflussen.
4.2 EUROPÄISCHE CHARTA FÜR INNENARCHITEKTUR
Der Europäische Rat der Innenarchitektinnen und -architekten hat seine Charta zur Innenarchitektur nach 20 Jahren überarbeitet und in der Generalversammlung im November 2020 verabschiedet. Sie beschreibt die Zugangsvoraussetzungen für den Beruf und die erforderliche Ausbildung. Es wird eine zweijährige Praxiszeit empfohlen (5+2 Modell). Der Ausschuss Innenarchitektur der BAK begrüßt die Charta, an deren Entstehung er und der BDIA aktiv mitgewirkt haben und die als Basis für eine zukunftsweisende Perspektive für den Berufsstand gesehen wird. Die Charta soll als Referenz für nationale Diskussionen zur Ausbildung, die Curricula-Entwicklung und Eintragungsvoraussetzungen dienen.
Sie finden sie hier.