Was macht eigentlich das Referat Digitalisierung? Vor welchen berufspolitischen Herausforderungen steht die BAKBAK Bundesarchitektenkammer derzeit? Und wie sieht unser Netzwerk aus? In unserem Format „Insights“ geben wir Einblicke in unsere aktuellen Aufgaben und zeigen, wer die Akteure hinter den Kulissen der BAK sind, welche Institutionen, Forschungsprojekte und Startups an welchen Innovationen arbeiten sowie alles, was uns derzeit noch im Bereich Digitalisierung beschäftigt. Dafür laden wir einmal im Monat eine Person aus unserem Netzwerk aus Expertinnen und Experten ein, die uns ihre Antworten auf unsere Fragen gibt.
Insights #01: Martin Müller
Martin Müller ist Innenarchitekt mit Büro in Gelsenkirchen und Mitglied des Vorstands der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen. Seit 2012 ist er Vizepräsident der Bundesarchitektenkammer und seit 2019 Vorsitzender der Steuerungsgruppe Digitalisierung, dem Expertengremium der BAK zum Thema digitale Transformationen im Planen und Bauen.
- BAK: Welche Potentiale sehen Sie in der Digitalisierung für die Architektur?
-
MM: Die Umgestaltungsprozesse, die mit der digitalen Transformation einhergehen, ermöglichen uns, noch einmal von Grund auf über unsere Planungsprozesse nachzudenken. Denn es soll ja nicht darum gehen, Arbeitsabläufe einfach nur eins-zu-eins ins Digitale zu übertragen, sondern sie – etwa unter Aspekten des Klimaschutzes, der Baukultur oder der Inklusion – zu verbessern. So arbeitet die BAK, um ein Beispiel zu nennen, intensiv am digitalen Bauantrag mit, um damit auch eine Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren auf Behördenseite zu erreichen.
- BAK: Welche Themen stehen für Sie aktuell im Vordergrund?
-
MM: Die Digitalisierung bietet ein wesentliches Werkzeug dafür, um die Komplexität der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen, insbesondere, was den Klimaschutz betrifft. Man könnte sogar so weit gehen und behaupten, dass nachhaltige Planung überhaupt nur noch mit digitalen Mitteln zu erreichen ist. Einige Tools existieren bereits, etwa wenn es um klimabezogene Simulationen oder um CO2-Bilanzierungen via BIM-Modell geht. Andere müssen erst noch entwickelt werden. Hier kann uns insbesondere die Künstliche Intelligenz helfen, jedoch sind konkrete Anwendungen in der Architektur noch Einzelerscheinungen und auch die Entwicklung der politischen Rahmenbedingungen steht noch am Anfang.
- BAK: Und welche Thematik liegt Ihnen persönlich besonders am Herzen?
-
MM: Vor dem Hintergrund meiner eigenen praktischen Tätigkeit ist das die Digitalisierung mit Bezug auf das Bauen im Bestand. Vor allem die BIM-Methode ist meiner Meinung nach noch immer zu sehr auf den Neubau ausgerichtet. Jedoch sind 70 Prozent aller Architekturprojekte Projekte im Bestand. Und mit der immer stärkeren Ausrichtung auf eine nachhaltige Planung und der damit verbundenen Aktivierung von Bestandsgebäuden wird diese Zahl noch steigen. Mit dem praxisorientierten Leitfaden „Digitalisierung und Bauen im Bestand“ in der BAK-Reihe BIM für Architekten war die BAK eine der Ersten, die zum Thema aktiv geworden ist.
Insights #02: Eva Holdenried
Eva Holdenried ist Innenarchitektin und Inhaberin von stereoraum Architekten. Sie ist Vorstandsmitglied der Architektenkammer Rheinland-Pfalz und auf Bundesebene Mitglied der Steuerungsgruppe Digitalisierung sowie Leiterin der Arbeitsgruppe Digitalisierung und Nachhaltigkeit der BAK.
- BAK: Was waren Ihre Beweggründe dafür, die Leitung der BAK-Arbeitsgruppe Digitalisierung und Nachhaltigkeit zu übernehmen?
-
EH: Die Digitalisierung begleite ich seit 2016 in der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, aber das Thema Nachhaltigkeit liegt mir echt am Herzen! Die beiden Themen sind die großen Herausforderungen, denen sich unser Berufsstand stellen muss. Es heißt immer die Digitalisierung ist der Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit und hier sind gerade in der Planung große Potentiale vorhanden. Daran mitwirken zu können, diese zu heben, ist Ansporn und Motivation für mich.
- BAK: Was macht die Digitalisierung für das Thema Nachhaltigkeit so wichtig?
-
EH: Nachhaltigkeitsanalysen sind mit einem immensem Zahlenwerk verbunden. Meines Erachtens lässt sich dieses nur über die Verknüpfung von Modell und Analysesoftware bewältigen und so für Architekturbüros wirtschaftlich darstellen. Die Zielsetzung sollte doch sein, dass wir die Hoheit über Material und Konstruktion haben und in der Lage sind, dem Bauherr Alternativen aufzuzeigen. In der Arbeitsgruppe arbeiten wir daran, frühzeitig – bevor ein Auditor hinzukommt – die Entwürfe im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte zu optimieren und die Möglichkeiten der Digitalisierung auszuschöpfen.
- BAK: In Ihrem Büro arbeiten Sie bereits seit 2010 mit BIM. Was sind Ihrer Erfahrung nach die Besonderheiten und Herausforderungen bei der Anwendung der BIM-Methode in der Innenarchitektur?
-
EH: Als Innenarchitektin arbeite ich meistens im Bestand. Um in der BIM-Methodik planen zu können, ist die Grundlage ein funktionierendes Modell. Deshalb messen wir meistens die Gebäude selbst auf, um eine entsprechende Datenbasis zu haben. Ein wichtiges Thema in der Innenarchitektur sind natürlich die Oberflächen, d.h. wir arbeiten mit vielen detaillierten Bildern. Hier kommen die Modelle aufgrund der Datenmenge gelegentlich an ihre Grenzen. Auch die Abgrenzung und der Datenaustausch zum Hochbau, insbesondere bei Neubauprojekten, ist ein wichtiger Punkt und muss vorab abgestimmt und definiert werden.