Architekturbüros wie Solo-Selbstständige sollten die eigene wirtschaftliche Situation fortlaufend beobachten, aber bei der nächsten Meldung über eine Insolvenz eines Architekturbüros nicht sofort in Panik verfallen. Ein Rückgang in den Aufträgen bedroht beim übergroßen Teil der Büros nicht deren Existenz. Vielmehr kann eine Auftragsdelle auch als Chance verstanden werden, die eigene Pipeline an Aufträgen abzuarbeiten und systematisch über die Aufstellung des eigenen Büros, die Akquisitionsstrategie und über innovative Geschäftsmodelle nachzudenken.
Auch wenn sich Ihr Büro am Markt etabliert hat, können strategische oder ökonomische Schwerpunkte relevant sein, wie wirtschaftliche Projektabwicklung, Zeit- und Kostenmanagement oder die Schärfung Ihres Profils. Die Zeit während einer „Auftragsdelle“ sollte genutzt werden, länger liegen Gebliebenes aufzuarbeiten, die Bürostrukturen zu optimieren und die strategische Ausrichtung zu überprüfen.
In vergangenen Krisen hat sich gezeigt, dass sich die Spezialisierung eines Büros, z.B. auf Holzbau oder Nachhaltigkeit, günstig auswirkt. Denken Sie daher bei der Neupositionieren an zukunftsträchtige Bereiche.
Update der Akquisitionsstrategie
Fehlt es an Aufträgen, so liegt es auf der Hand, über eine veränderte Akquisitionsstrategie nachzudenken. Es gilt, die eigene strategische Ausrichtung des Marketing zu hinterfragen und die zukünftige Richtung zu bestimmen.
Fragen, die sich eine Büroinhaberin oder ein Büroinhaber hierzu stellen sollte:
- Akquisitionsstrategie
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Welche Akquisitionsstrategie hat sich bewährt und sollte (re-)aktiviert werden?
- Marktanalyse & Konkurrenzanalyse
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Wo bin ich besser als andere? Auf welches attraktive Segment ziele ich ab? Wie positioniere ich mein Büro (neu)?
- Netzwerke
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Welche beruflichen Netzwerke (Wirtschaftsnetzwerke, regionale Netzwerke, Freiberufler-Netzwerke, etc.) kann ich nutzen, um meine Leistung ggf. auch in Kooperation mit anderen Partnern anzubieten?
- öffentliche Ausschreibungen
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Kenne ich die (regionalen) Vergabeportale, um mich um öffentliche Aufträge zu bemühen? Öffentliche Ausschreibungen lassen sich europaweit auf dem TED Portal recherchieren.
- Architekturwettbewerb
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Besteht Zeit, um an einem Architekturwettbewerb teilzunehmen? Über Auslobungen informieren die Architektenkammer Ihres Bundeslands, das BauNetz und auch Competitionline.
- Tätigkeit im Ausland
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Käme es in Betracht, im Ausland tätig zu werden? EUEU Europäische Union-weite Vergaben lassen sich über das TED Portal recherchieren. Mit einem Kooperationspartner im Ausland ließe sich ggf. an einem Architekturwettbewerb im Ausland teilnehmen. Hilfreich ist hier die neue, noch im Aufbau befindliche „European Platform for Architectural Design Competitions (ARCH-E)“ mit der Möglichkeit, sich im ARCH-E Netzwerk als „Professional in Architecture“ zu registrieren.
Um eine Auslandsstrategie zu entwickeln, lohnt auch ein Blick auf die Webseiten des Netzwerks Architekturexport NAX der BAK, auf der sich u. a. Länderinformationen, Anlaufstellen im Ausland, auslandserfahrene Kontaktarchitekten und Kooperationspartner finden.
Innovative Geschäftsmodelle erschließen
Zum Thema innovative Geschäftsmodelle hat die BAKBAK Bundesarchitektenkammer zusammen mit dem europäischen Dachverband ACEACE Architects’ Council of Europe Conseil des Architectes d’Europe eine kleine Publikation “Architecture – Passion or Profession?” erstellt, um Architekten zu inspirieren, über ihr Business Model nachzudenken:
Überlegungen zum neuen Geschäftsmodell strukturieren
Wichtige Orientierungsfragen lauten: Welche neuen Business Felder kann ich erschließen, um zusätzliche Umsätze zu erzielen? Kann ich mein Leistungsangebot geografisch und thematisch diversifizieren? Welches können innovative Bereiche sein, um demnächst zusätzliche Aufträge zu akquirieren? Gibt es zusätzliche Bereiche in der Wertschöpfungskette Planen & Bauen, in der ich Felder besetzen und erfolgreich Dienstleistungen anbieten könnte?
Ein bewährtes Format, um über ein tragfähiges Geschäftsmodell nachzudenken, ist der Business Model Canvas, eine reduzierte Form eines Business Plans, die einen Überblick über die Art und Weise gibt, wie Ihr Büro funktioniert. Es handelt sich um einen sehr hilfreichen Bezugsrahmen, um Überlegungen zu Ihrem neuen Geschäftsmodell zu strukturieren. Ein Beispiel für ein solches Modell mit 9 Elementen für die Definition und Dokumentation eines Geschäftsmodells wurde von Strategyzer entwickelt:
Weitere innovative Geschäftsmodelle
Förderprogramm für innovative Geschäftsmodelle
Haben Sie als Architekturbüros eine innovative Geschäftsidee, so kommt ggf. eine Zuschussförderung dafür in Betracht. Auf Bundesebene gibt es das sog. „Innovationsprogramm für Geschäftsmodelle und Pionierlösungen“ (IGP) des Bundeswirtschaftsministeriums. Es legt seinem Fokus auf nicht-technische Innovationen und unterstützt besonders kleine, junge und digitalaffine Unternehmen, auch aus der Kreativwirtschaft.
Regelmäßig erscheinen Förderaufrufe zu speziellen Themenfeldern wie z.B. Pionierlösungen für ökologische Innovationen und Kreislaufwirtschaft, Service-Designs für Klimaschutz und Energiewende oder digitale Lösungen für den Ressourcenschutz. Die besten Ideen werden im mehrstufigen wettbewerblichen Verfahren ermittelt und finanziell mit Zuschüssen gefördert.
Digitalisierung des Büros
- Programm „Digital Jetzt“ des BMWKBMWK Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz: Zuschussförderung von Investitionen in digitale Technologien für KMU (inkl. Hardware und Software) und entsprechende Qualifizierung.
- „Go Digital“ Förderprogramm des BMWK für Unternehmen bis 100 Mitarbeiter mit 50% Zuschuss, um eine Unternehmensberatung für Digitalisierungsprojekte (z.B. Strategie, IT-Sicherheit, Datenkompetenz) in Anspruch nehmen zu können.
- In vielen Bundesländern gibt es unter unterschiedlichen Namen (Digitalbonus, DigiBoost, …) Digitalisierungszuschüsse für kleine und mittlere Unternehmen inkl. Freiberufler und Soloselbstständige für die digitale Transformation und Digitalisierungsprojekte in einer Zuschuss- und einer Darlehensvariante. Gefördert wird die Digitalisierung des Büros und von Unternehmensprozessen, IT-Sicherheit, sowie künstliche-Intelligenz-Anwendungen, nicht aber die Beschaffung von IT-Grundausstattung. Auch die im Rahmen des Digitalisierungsprojekts notwendigen Schulungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind förderfähig.
Nutzung von Selbst-Checks und Praxisimpulsen
Neben der Unterstützung durch externe Berater (Siehe Punkt 2. Beratungs- und Coachingangebote) können auch Selbst-Checks und Checklisten als niederschwellige Angebote nützlich sein, ein Architekturbüro organisatorisch weiterzuentwickeln.
Beispielsweise finden Sie bei der vom Bundesarbeitsministerium geförderten Offensive Mittelstand (OM) Leitfäden, Umsetzungshilfen und Praxis-Checks, bspw. zu den Themen Business Plan, Liquidität und Finanzierung, Personalführung, Organisation, Arbeitsschutz und betrieblicher Gesundheitsschutz, Innovation, Arbeitszeitgestaltung und betrieblicher Umweltschutz.
INQA-Checks: Initiative des BMAS
INQA-Checks: Die vom BMAS geförderte Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) steht Architekturbüros und ihren Beschäftigten bis 250 Mitarbeitern bei der Gestaltung der Unternehmenskultur und der Arbeitswelt zur Seite. Mit den INQA-Checks können Sie die Stärken und Entwicklungspotenziale in den Handlungsfeldern Führung, Vielfalt, Gesundheit und Kompetenz analysieren und erkennen, wo ihr Büros steht. Übrigens die INQA-Checks eignen sich auch für die öffentliche Verwaltung!
WIN:A: Projekt des BMBF
Das vom Bundesforschungsministerium (BMBF) geförderte Projekt WIN:A (Wissens- und Innovationsnetzwerk: Arbeitsforschung) hat Praxisimpulse zur Arbeitsforschung konzipiert. Renommierte Hochschulen und Institute entwickeln regelmäßig Hilfen zur Unterstützung von KMU. Diese Hilfen sind jedoch nicht immer leicht auffindbar und müssen häufig für die leichte Nutzung als Praxisimpulse aufbereitet werden. Die Praxisimpulse sind konkrete Handlungs- und Orientierungshilfen für KMU, die auch von Architekturbüros und Büroberatern direkt genutzt werden können. Das Themenspektrum der Praxishilfen ist breit, angefangen von Künstlicher Intelligenz (KIKI Künstliche Intelligenz), über wirksame Führung, Agiles Arbeiten, Arbeit 4.0, Arbeitgeberattraktivität und Fachkräftegewinnung, Familie & Beruf, flexible Arbeitszeitmodelle bis hin zur Resilienz.