Planungsbüros, die an Projekten der öffentlichen Hand mitarbeiten möchten, können schnell dem Vergaberecht begegnen. Die öffentliche Hand muss sich daran halten, wenn sie Büros mit Leistungen der Architektur und Flächenplanung beauftragen möchte. Das Vergaberecht beinhaltet verschiedenen Rechtsgrundlagen: Richtlinien, Gesetze, Verordnungen. Welche Rechtsgrundlage in einem Projekt gilt, hängt vor allem davon ab, wie hoch der Auftragswert ist. Nachfolgend finden Sie allgemeine Informationen zum Vergaberecht, Nachrichten und Praxishilfen. Für eine individuelle Beratung wenden Sie sich bitte an Ihre zuständige Länderarchitektenkammer.
Allgemeine Informationen
- Schwellenwerte und Rechtsgrundlagen
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Eine wichtige Rolle spielen im Vergaberecht die sogenannten „Schwellenwerte“. Schwellenwerte sind Beträge in EUR und beschreiben den geschätzten Wert eines Auftrags ohne Umsatzsteuer. Die Schwellenwerte ergeben sich aus Artikel 4 der Europäischen Richtlinie 2014/24/EUEU Europäische Union in der jeweils geltenden Fassung. Die Europäische Kommission passt die Höhe der Schwellenwerte alle zwei Jahre an, zuletzt im November 2023 für die Jahre 2024 und 2025. Seit dem 1.1.2024 gelten diese Schwellenwerte:
Quelle: Delegierte Verordnung (EU) 2023/2495 der Kommission vom 15.11.2023
Erreicht oder überschreitet der geschätzte Auftragswert den Schwellenwert, richtet sich die Vergabe nach GWBGWB Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und VgVVgV Vergabeverordnung. Mit der VgV wurde die Europäische Richtlinie2014/24 EU über die öffentliche Auftragsvergabe umgesetzt.
Mehr Informatinen zum Europäischen Vergaberecht
Unterhalb der Schwellenwerte gelten auf Bundesebene §§ 50 und 52 UVgOUVgO Unterschwellenvergabeordnung. In den einzelnen Bundesländern sind in diesem Bereich die jeweils einschlägigen vergabe- und haushaltsrechtlichen Regelungen maßgeblich, die sich zum Teil an der UVgO orientieren, im Einzelfall aber davon abweichen können.
Nachrichten nach Streichung von § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV
- Gutachten bestätigt Rechtskonformität eines alternativen Beschaffungskonzepts (Februar 2024)
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Nach der Streichung der vergaberechtlichen Regelung bei Planungsleistungen (§ 3 Abs. 7 Satz 2 VgV) besteht weiterhin große Verunsicherung bei öffentlichen Auftraggebern, wie die Auftragswertberechnung in diesem Bereich rechtssicher vorgenommen werden kann. Die Möglichkeit einer gemeinsamen Vergabe von Aufträgen für Planungs- und Bauleistungen, kombiniert mit Fachlosbildung, hatte das BMWKBMWK Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz in seiner Verordnungsbegründung zur Streichung von § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV angedeutet. Dass dieses Beschaffungskonzept rechtlich zulässig ist, bestätigt nun ein Rechtsgutachten.
Das Gutachten hebt zudem hervor, dass weiterhin der Grundsatz der mittelstandsfreundlichen Vergabe einzuhalten ist. Dies bedeutet, dass die zu vergebenden Leistungen auch bei diesem alternativen Beschaffungskonzept in Fach- und Teillose aufzuteilen sind.
„Das alternative Beschaffungskonzept ist vergaberechtskonform, denn im Europarecht wird die sogenannte Beschaffungsautonomie des jeweiligen öffentlichen Auftraggebers anerkannt. Der Ausübung seiner Beschaffungsautonomie sind insoweit keine Grenzen gesetzt“, bestätigt Prof. Dr. jur. Martin Burgi, Leiter der Forschungsstelle für Vergaberecht und Verwaltungskooperationen Ludwig-Maximilians-Universität München, und Autor des Gutachtens.
Das Rechtsgutachten wurde gemeinsam von Bundesingenieurkammer, Bundesarchitektenkammer, AHOAHO Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V. (Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V.) und VBIVBI Verband Beratender Ingenieure – Verband Beratender Ingenieure in Auftrag gegeben.
- FAQ zum „alternativen Beschaffungskonzept“ für die Vergabe von Planungs- und Bauleistungen, Stand: 8.4.2024
Praxishilfen
- Praxishilfe "Relevanz von Honorarangeboten in der Vergabe"
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Weshalb das günstigste Angebot nicht automatisch die beste Wahl ist
Vor dem Hintergrund des zunehmenden Preiswettbewerbs hat die Bundesarchitektenkammer eine Argumentationshilfe erarbeitet, um es Mitarbeitenden in den Vergabestellen zu erleichtern, bei Planungsleistungen vorrangig auf den Leistungswettbewerb zu setzen. Erfahrungsberichte haben gezeigt, dass bei vielen hierzu grundsätzlich Bereitschaft besteht, dies aber mehr Begründungsaufwand erzeugt als der Vergleich der Honorarangebote.
In den neuen Begründungshilfen für den Öffentlichen Auftraggeber wird dargelegt, warum bei Vergabeverfahren der günstigste Anbieter nicht immer automatisch die beste Wahl ist. Mit dem Wegfall der verbindlichen Höchst- und Mindestsätze der HOAIHOAI Honorarordnung für Architekten und Ingenieure stellt sich für Auftraggeber- wie Auftragnehmerseite nicht nur die Frage nach der Auskömmlichkeit von Honoraren außerhalb der HOAI-Tabellenwerte. Vielmehr hat diese Frage auch Einfluss auf die Systematik öffentlicher Vergabeverfahren – und die Baukosten. Der Preis darf bei Architekturleistungen durchaus eine, wenn auch untergeordnete Rolle spielen, wenn Wirtschaftlichkeit, Honorare und Lebenszykluskosten insgesamt betrachtet werden.
BAK-Begründungshilfe „Relevanz von Honorarangenoten in der Vergabe“
- Praxisleitfaden zur Vergabe von Architektenleistungen (3. Auflage, 2022)
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Der kostenlos downloadbare Praxisleitfaden zur Vergabe von Architektenleistungen enthält hierfür Empfehlungen und Grundlagen. Er wurde von den Planerverbänden und den kommunalen Spitzenverbänden gemeinsam erarbeitet. Die Kooperation von Auftraggeber- und Auftragnehmerseite dokumentiert den gemeinsamen Willen, der großen gesellschaftspolitischen Bedeutung des Bauens bereits im Vergabeverfahren mit einem hohen Anspruch an die Qualität der Planungsleistung gerecht zu werden. Sie finden den Leitfaden als pdf-Datei hier:
Weitere Informationen finden Sie auf https://vgv-architekten.de/
- Praxisleitfaden Partizipation (1. Auflage, 2022)
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Die BAKBAK Bundesarchitektenkammer hat an dem Leitfaden für Partizipation in Vergabeverfahren ebenfalls mitgewirkt. Sie finden den Leitfaden als pdf-Datei hier:
Weitere Informationen finden Sie auf https://vgv-architekten.de/
- Praxisleitfaden Vergabe von Planungsleistungen unter dem VgV-Schwellenwert (1. Auflage, 2021)
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Architektenleistungen sollten stets im Leistungswettbewerb vergeben werden, da sie im Vorhinein nicht eindeutig beschrieben werden können. Nur so lässt sich verhindern, dass sich ein Auftraggeber durch die Auswahl des billigsten Angebots schlechte Planung einkauft. Das gilt ganz besonders nach der Neufassung der HOAI zum 1.1.2021.
Dieser Leitfaden bietet konkrete Vorschläge und Vorlagen, die als Grundlage für ein Verfahren genutzt werden können. Sie finden den Leitfaden als pdf-Datei hier:
Der Leitfaden wurde von der BAK Arbeitsgruppe Leistungswettbewerb verfasst.
Sie erhalten den Leitfaden auch in diesen Sprachen:
- English: Awarding Planning Services Below The Threshold Value Of The Public Procurement Regulation (Vergabeverordnung -VgV)
- Español: Adjudicación De Servicios De Redacción De Proyectos Por Debajo Del Valor Umbralestipulado En El Reglamento De Contratación Pública (Vgv De Alemania)
- Français: Attribution des services de planification en dessous du seuil VgV
- Praxisleitfaden zur Vergabe von Planungsleistungen nach Wegfall der verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der HOAI (1. Auflage, 2020)
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Empfehlungen der Bundesarchitektenkammer und der Bundesingenieurkammer nach der Entscheidung des EuGHEuGH Europäischer Gerichtshof vom 4.7.2019:
https://bak.de/politik-und-praxis/recht/hoai/hoai-2013/vergabe-von-planungsleistungen-hoai/