Die Europäische Kommission hat am 15. Dezember 2021 ihre Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Energy Performance of Buildings Directive, EPBDEPBD Energy Performance of Buildings Directive) vorgelegt.
Die überarbeitete Gebäuderichtlinie gehört zum zweiten Teil des klimapolitischen Großprojektes „Fit for 55“, mit dem die gesamte europäische Gesetzgebung in Energie- und Klimafragen neu aufgestellt werden soll.
Im Sommer 2021 wurde bereits der erste Teil vorgestellt, in dem u.a. die Vorschläge für die Überarbeitung der Richtlinien für Energieeffizienz (EED) und Erneuerbare Energien (RED) enthalten waren. Im Dezember 2023 wurden die Trilog-Verhandlungen zur Richtlinie abgeschlossen. EUEU Europäische Union-Parlament und EU-Rat haben im Anschluss den gefundenen Kompromiss formal gebilligt. Die EPBD tritt ab dem 28. Mai 2024 in Kraft und muss nun innerhalb von 2 Jahren in den EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Die BAKBAK Bundesarchitektenkammer hat den Überarbeitungsprozess eng begleitet und sich mit Stellungnahmen eingebracht.
Die Bundesarchitektenkammer (BAK) ist der Ansicht, dass das Thema Sanierung, Um- und Weiternutzung von Bestandsgebäuden gegenüber dem Thema Neubauten verstärkt in den Fokus rücken sollte, da es hier für den Klimaschutz großes noch zu mobilisierendes Potenzial für Energieeinsparung, Effizienzsteigerung und den Einsatz erneuerbarer Energien gibt. Es ist folgerichtig, mit der EPBD darauf abzuzielen, die Sanierungsraten und –tiefen in den Mitgliedstaaten zu steigern.
Zu beachten ist jedoch, dass die präzise Beschreibung der Ziele mit Kenngrößen im Vordergrund stehen sollte. Die BAK hält es auch weiterhin für richtig, dass die EPBD keine einheitlichen Werkzeuge wie bestimmte Technologien oder Bauweisen vorschreibt. Dadurch werden auch künftig Innovationen und die nötige Flexibilität ermöglicht, um auf die dynamischen Veränderungen einzugehen. Begleitend zur EPBD hält die BAK auch einen Austausch guter Praktiken zwischen den Mitgliedstaaten für sinnvoll, um beispielhaft neue Ideen aufzuzeigen.
BAK-Beitrag zur Vorabkonsultation der Europäischen Kommission zum Fahrplan zur Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD), März 2021
Zusammenfassung der geplanten Neuregelungen
- Neue und ambitioniertere energetische Anforderungen
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- Ab 2030 nur noch emissionsfreie Neubauten zulässig: Ab 2030 müssen alle neuen Gebäude emissionsfrei sein; neue öffentliche Gebäude müssen bereits ab 2027 emissionsfrei sein. Das bedeutet, dass die Gebäude wenig Energie verbrauchen, so weit wie möglich mit erneuerbaren Energien betrieben werden, vor Ort keine Emissionen aus fossilen Brennstoffen ausstoßen und ihr Treibhauspotenzial auf der Grundlage ihrer Emissionen über den gesamten Lebenszyklus in ihrem Energieausweis angeben müssen.
- „Worst first“ – Sanierungszwang für die energetisch schlechtesten Bestandsbauten: Die am schlechtesten bewerteten 15 % des EU-Gebäudebestands müssen bis 2030 von der Energieeffizienzklasse (EPC) G auf mindestens F verbessert werden, wobei öffentliche Gebäude und Nichtwohngebäude bis 2027 die Vorreiterrolle für Energieeffizienzklasse F spielen sollen und bis spätestens 2030 auf mindestens die Energieeffizienzklasse E saniert und verbessert werden sollen. Wohngebäude sollen bis 2030 von G auf mindestens F und bis 2033 auf mindestens E saniert werden.
- Ausstieg aus fossilen Heizungssystemen
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- Ab spätestens 2027 keine Förderung mehr für fossil betriebene Heiztechnologien: Es wird eine Verfallsklausel für finanzielle Anreize zur Nutzung fossiler Brennstoffe in Gebäuden eingeführt. Ab 2027 sollten keine finanziellen Anreize mehr für die Installation von mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizkesseln gewährt werden. Ferner erhalten die Mitgliedstaaten die rechtliche Möglichkeit, die Nutzung fossiler Brennstoffe in Gebäuden zu verbieten.
- Verknüpfung mit Verkehrswende
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- Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Gebäuden: Die Vorverkabelung wird zur Norm für alle neuen Gebäude und Gebäude, die einer größeren Renovierung unterzogen werden, und die Einführung von Ladestationen in neuen und renovierten Bürogebäuden wird besonders gefördert. Die Ladestationen müssen intelligentes Laden ermöglichen, und die Mitgliedstaaten müssen Hindernisse für die Installation von Ladestationen in Wohngebäuden beseitigen und ein „Recht auf Laden“ gewährleisten.
- Verbesserung der Informationen über Gesamtenergieeffizienz und Nachhaltigkeit
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- EU-weite Harmonisierung der Effizienzklassen-Skala: Die Ausweise über die Gesamtenergieeffizienz sollen klarer werden und bessere Informationen enthalten. Bis 2025 müssen alle Ausweise auf einer harmonisierten Skala von A bis G beruhen.
- Erweiterung der Vorlagepflicht für Energieausweise: Die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises wird auf Gebäude ausgedehnt, die einer größeren Renovierung unterzogen werden, auf Gebäude, für die ein Mietvertrag verlängert wird, und auf alle öffentlichen Gebäude. Gebäude oder Gebäudeeinheiten, die zum Verkauf oder zur Vermietung angeboten werden, müssen einen Energieausweis haben, und die Energieeffizienzklasse und der Indikator sollen in allen Anzeigen angegeben werden.
- EU-weite Einführung eines Renovierungspasses: Ein Gebäude-„Renovierungspass“ soll den Verbrauchern Zugang zu Informationen und geringeren Kosten verschaffen, um ihnen die Planung und schrittweise Renovierung in Richtung Emissionsfreiheit zu erleichtern.
- Gewährleistung des Zugangs zu den Daten technischer Gebäudesysteme: Der „Smart Readiness Indicator“ (SRI) für große Nichtwohngebäude wird ab dem Jahr 2026 gestärkt. Um die Entwicklung neuer gebäudebezogener Dienste zu erleichtern, stellt ein neuer Artikel speziell für Gebäudedaten sicher, dass Gebäudeeigentümer, -mieter und -verwalter oder Dritte Zugang zu den Daten der Gebäudesysteme haben. Neue Regeln für die Interoperabilität von Daten und den Zugang zu Daten sollen von der Kommission im Wege eines Durchführungsrechtsakts festgelegt werden.
Bewertung und Einordnung
Die EU-Gebäuderichtlinie gibt den Rahmen für die nationale Gesetzgebung vor. Verbindliche Maßnahmen aus den europäischen Richtlinien sind dabei auf nationaler Ebene umzusetzen. Dem nationalen Gesetzgeber steht es darüber hinaus auch frei, bislang auf EU-Ebene unverbindliche Regelungen auf nationaler Ebene verbindlich zu machen.
Wie muss man nun die Neuregelungen im Richtlinienentwurf der EU-Kommission einordnen und was bedeuten vor allem die Sanierungspflichten für den Berufsstand der Architekten?
Was die Sanierungspflichten für Architekten bedeuten
- Künftig stärkerer Fokus auf das Planen und Bauen im Bestand
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Von der vorgeschlagenen Sanierungspflicht sind europaweit schätzungsweise 40 Millionen und deutschlandweit ca. 3 Millionen Gebäude davon betroffen. Sie alle müssen bis spätestens 2033 saniert und auf ein bestimmtes energetisches Mindestniveau gehoben werden.
Wahrscheinlich wird nicht jede dieser Sanierungen unter Hinzuziehung einer Architektin oder eines Architekten stattfinden. Denn viele der mit energetischen Sanierungen verbundenen Maßnahmen, wie z.B. die Anbringung von Wärmedämmung, der Austausch von Fenstern und Türen oder der Austausch von Heiztechnik gelten in Deutschland laut Musterbauordnung als genehmigungsfrei. In der Regel geht ein schlechter energetischer Zustand allerdings einher mit einem baulich desolaten Zustand des Gebäudes. Daher werden viele, wenn nicht sogar die meisten dieser energetischen Sanierungen im Zusammenhang mit grundlegenden Modernisierungen und ggfs. Umbaumaßnahmen stattfinden. Schon seit längerem ist zu beobachten, dass Planungsaufgabenaufgaben sich zunehmend auf das Bauen im Bestand und die Weiterentwicklung der Altbauten fokussieren. Dieser Trend wird sich durch die Sanierungspflichten noch verstärken. Das ist von Seiten der BAK berufspolitisch auch gewollt. Die BAK setzt sich für eine Stärkung des Umbaus gegenüber dem Neubau ein. Denn der Erhalt des Gebauten ist ein wesentlicher und notwendiger Beitrag, um materielle und energetische Ressourcen zu schonen und letztlich Klima und Umwelt zu schützen. Dies ist verbunden mit erhöhtem Planungsaufwand durch Architekt:innen im Vergleich zum Neubau einerseits, aber auch mit geringerem Ressourcen- und Energieaufwand anderseits.
- Erweiterte Kenntnisse zu nachhaltigem, ressourcenschonendem Bauen im Bestand erforderlich
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Der stärkere Fokus auf das Planen und Bauen im Bestand erfordert bei den Architekt:innen Kenntnisse über historische Architekturen, deren Baukonstruktion, Materialität und Bauphysik. Es erfordert ferner die Fähigkeit, Konzepte für das Planen im Bestand zu entwickeln. Und schließlich erfordert es, sich verstärkt mit den Themen Nachhaltigkeit, ressourcensparendes und kreislaufgerechtes Bauen (d.h. Wiederverwendung und Wiederverwertung), Beheizen und Kühlen mit erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und Lebenszykluskosten auseinanderzusetzen.
Dafür ist erforderlich, dass die Ausbildung an den Hochschulen noch stärker auf die Anforderungen des Planens und Bauens im Bestand ausgerichtet wird und zweitens, dass der Berufsstand durch Fortbildungen zügig auf die neuen Rahmenbedingungen eingestellt wird. In der alltäglichen praktischen Arbeit wird es künftig noch stärker darauf ankommen, auf Energetik und Bauphysik spezialisierte Fachkräfte in die Planungsteams zu integrieren.
- Neue Aufgabengebiete als Chance und als Anreiz zur Spezialisierung
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Mit der zunehmenden Relevanz des Planens und Bauens im Bestand entsteht für Architekt:innen ein Aufgabengebiet, welches genügend Potenzial bietet, sich zu spezialisieren. Eines der möglichen Spezialgebiete: Die Beratung, Planung und Baubegleitung mit Fokus auf Nachhaltigkeit im Bestand. Sicherlich wird sich nicht jeder Architekt künftig zum Nachhaltigkeitsexperten weiterbilden. Abgesehen davon gibt es auch noch keine standardisierte Festlegung, was ein Nachhaltigkeitsexperte ist und was er können muss. Aber mit der Aussicht, dass bis 2033 in Deutschland mindestens 3 Millionen Gebäude energetisch verbessert werden müssen und dass hier neben reinen energetischen Erwägungen immer stärker auch die Nachhaltigkeit berücksichtigt werden muss, steigt die Notwendigkeit für einen solchen Qualitätsstandard „Nachhaltigkeitsexperte“ und damit vermutlich für den einen oder anderen auch der Anreiz für eine solche fachliche Zusatzqualifikation. Wesentliche Voraussetzung ist, dass dieses Aufgabenfeld auskömmlich ist. Mit dem perspektivisch steigenden Bedarf nach dieser Dienstleistung stehen die Chancen dafür jedoch recht gut.
EU-Klimaziel nicht zu erreichen ohne den Gebäudebereich
Dass zur Erreichung des EU-Klimaziels kein Weg am Gebäudebereich vorbeiführt, ist auch der EU-Kommission bekannt. Mehr als 85 Prozent der heutigen Gebäude in der EU werden auch noch 2050 stehen, dem Jahr, ab dem Europa klimaneutral sein möchte. Drei Viertel dieser Gebäude sind aktuell nicht „klima-fit“. Bis 2050 darf das Heizen oder Kühlen dieser Gebäude jedoch keine Treibhausgase mehr verursachen. Doch lediglich ein Prozent aller Gebäude in der EU wird pro Jahr energetisch saniert. Bei diesem Tempo werden bis zum Jahr 2050 gerade mal weitere 28 Prozent des Gebäudebestands energetisch saniert sein. Das ist angesichts der 75 Prozent an Gebäuden mit zu hohem Treibhausgas-Ausstoß viel zu wenig.
Auch in Deutschland besteht seit vielen Jahren das Problem einer zu geringen Sanierungsrate. Bislang setzte man hier vor allem auf finanzielle Anreize. Ordnungsrechtliche Vorgaben oder Pflichten bestehen in Deutschland für den Bestand nur geringfügig. Darüber hinaus unterliegen die bestehenden Pflichten regelmäßig einer gesetzlich normierten Wirtschaftlichkeitsprüfung, über die sich die betroffenen Eigentümer den ohnehin schwachen Vorgaben oftmals entziehen können.
Gebäuderichtlinie – bislang ein zahnloser Tiger
Bislang hat die Europäische Kommission das Thema Klimaschutz im Gebäude weitestgehend den Mitgliedstaaten überlassen. Entsprechend unverbindlich war die EPBD auch in ihrer Wirkung. Ein Beispiel: Die Richtlinie verpflichtete zwar die die EU-Mitgliedstaaten dazu, ab dem Jahr 2021 sämtliche Neubauten als sogenannte Niedrigstenergiegebäude zu errichten. Was jedoch konkret unter „Niedrigstenergiegebäude“ zu verstehen ist – das durfte jeder Mitgliedstaat für sich entscheiden. An der Idee, dass die Mitgliedstaaten die EU-Vorgaben entsprechend ihrer jeweiligen energiepolitischen Strategien und klimatischen sowie baukulturellen Eigenheiten adaptieren, ist an sich nichts auszusetzen. Allerdings führte der große Interpretationsspielraum der EPBD bislang dazu, dass die Vorgaben zu Neubaustandards, nationalen Sanierungsfahrplänen oder transparenten Gebäudedaten in Deutschland und anderen Mitgliedstaaten weitestgehend ignoriert oder umschifft wurden.
Überarbeiteter Richtlinien-Vorschlag vollzieht Paradigmenwechsel
Die Erwartungen an die EPBD-Überarbeitung waren daher sehr hoch. Bereits die im Frühjahr 2021 durch die EU-Kommission initiierte Vorabkonsultation ließ erahnen, welche neuen Aspekte möglicherweise in den Richtlinientext aufgenommen werden könnten. Nun gibt es Gewissheit. Der vorliegende Vorschlag kann mit Fug und Recht als Paradigmenwechsel gewertet werden.
Den Vorschlag der EU-Kommission kann man als Einstieg in einen seriösen Umgang mit den Pariser Klimaschutzzielen im Gebäudesektor bezeichnen. Die EU-Kommission beschreibt darin die Wegetappen zum gemeinsam vereinbarten Ziel, d.h. eine weitgehend klimaneutrale Betreibung aller Gebäude spätestens 2050. Sie geht sogar noch einen Schritt weiter: Sie beschreibt nicht nur, sondern sie schreibt den Mitgliedstaaten die fristgerechte Realisierung dieser Wegetappen vor. Zu nennen wäre u.a. die EU-weite Definition von Neubaustandards, sog. „Zero-Emission-Buildings“: Wer ab 2030 in der EU ein Gebäude neu errichtet, muss dafür sorgen, dass dieses keine klimaschädlichen Emissionen verursacht. Gebäude in öffentlicher Hand müssen diese Vorgabe schon 2027 erfüllen. Ferner gibt es verbindliche Vorgaben zur Erfassung von Gebäude-Energiedaten und die Erstellung von Energieausweisen sowie Sanierungsfahrplänen. Auch die Emissionen aus dem gesamten Lebenszyklus von Gebäuden möchte die EU-Kommission angehen. Dieses Eindeutige und Verpflichtende des aktuellen EPBD-Vorschlags macht den eigentlichen Unterschied zu den Vorgängerversionen der EPBD.
Die Umsetzung des EPBD-Vorschlags in Deutschland erfordert einen umfangreichen rechtlichen Rahmen, der so gestaltet sein muss, dass er allen Beteiligten, d.h. Gebäudeeigentümer:innen, Mieter:innen und Nutzer:innen sowie Städten und Gemeinden zum Vorteil gereicht. Dazu müssen alle Instrumente der Förderung und der Gesetzgebung unter dem Motto „Fordern und Fördern“ darauf abgestimmt werden: u.a. Bauordnung(en), Baugesetzbuch, Gebäudeenergiegesetzt, Städtebaurecht, Förderprogramme, Steuerrecht, Mietrecht, HOAI, VOB. Die BAK entwickelt aktuell einen Vorschlag für die Umsetzung der EU-Vorgaben im nationalen Rahmen. Fokus ist hierbei die Fortschreibung des Gebäudeenergiegesetzes. Übergeordnete Zielsetzung dieses Vorschlags: Die Dekarbonisierung des Gebäudebestands durch vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien im Zusammenhang mit einer Erhöhung der Energieeffizienz.
Umstrittenster Punkt des Richtlinien-Vorschlags: Sanierungspflichten für den Gebäudebestand
Das Herzstück und sicherlich auch der umstrittenste Punkt in der überarbeiteten EPBD ist die Verankerung EU-weiter Mindesteffizienzstandards für den Gebäudebestand (auf Englisch Minimum Energy Performance Standards, kurz MEPS).
Zunächst sollen mit diesem Instrument gezielt die Gebäude mit den höchsten Energieverbräuchen angegangen werden. Hierzu soll der europäische Gebäudebestand in ein EU-weit harmonisiertes System von Energieeffizienzklassen eingeordnet werden, deren Skala sich von A bis G aufspannt. Zur Einordnung: Ein Gebäude der schlechtesten Klasse G benötigt ca. achtmal mehr Energie als eines der besten Klasse A.
Für Immobilieneigentümer, deren Gebäude den beiden schlechtesten Effizienzklassen dieser EU-weit noch einzuführenden Skala, d.h. F und G, zugeordnet sind, bedeutet dies eine große Umstellung, da sie ihr Gebäude bis spätestens 2033 renoviert haben müssen, unabhängig davon, ob es sich um ein öffentliches oder privates Gebäude, ein Wohngebäude oder ein Nichtwohngebäude handelt, und ob es vermietet ist oder nicht. Dies ist ein Paradigmenwechsel. Es ist das erste Mal, dass die EU so weit geht und eine direkte Verpflichtung für EU-Bürger und Unternehmen festlegt, ihre Gebäude energetisch zu sanieren.
Seitens einiger Bauherrenverbände ist bereits die Kritik geäußert worden, dass die geforderten Standards für viele bestehende Gebäude nicht erreichbar seien, dass eine Sanierung in diesen Fällen keine Option sei und stattdessen Abriss und Ersatzneubau drohten. Diese Sorge einer drohenden Abrisswelle teilt die BAK. In der Tat wäre dies für den Klima- und Ressourcenschutz absolut kontraproduktiv. Allerdings sind wir davon überzeugt, dass für die Mehrzahl der Bauten wirtschaftliche Lösungen gefunden werden können. Dafür sprechen die positiven Erfahrungen mit dem Förderprogramm Effizienzhaus Denkmal. Viele Architekt:innen haben hier bereits wertvolle Erfahrungen sammeln und zeigen können, dass individuell zugeschnittene Lösungen möglich sind, die den Ansprüchen an Denkmalschutz, Wirtschaftlichkeit und Energieeffizienz gleichermaßen gerecht werden. Man sollte sich auch dessen gewahr sein, dass auch die Fortentwicklung unserer Technologien z.B. durch den Einsatz von Robotik oder serielle Modernisierungen Erhöhung der Produktivität und damit zu einer Senkung der Preise auf den Modernisierungsbaustellen führen wird.
Smart Readiness Indicator (SRI)
Einer der Hauptpunkte der Novellierung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) von 2018 ist die Einführung eines „Smart Readiness Indicator“ (SRI), Intelligenzfähigkeitsindikator für Gebäude.
Er soll dazu dienen, die Bereitschaft von Gebäuden zu messen, Informations- und Kommunikationstechniken und elektronische Systeme zu nutzen, die den Betrieb und die Versorgung eines Gebäudes an die Bedürfnisse des Nutzers und des Gebäudes anpassen und die Energieeffizienz und die Gesamtleistung des Gebäudes optimieren.
Damit sollen Gebäudeeigentümer und Nutzer auf die Vorteile der Gebäudeautomatisierung und der elektronischen Überwachung von technischen Gebäudesystemen aufmerksam gemacht werden. Die Anwendung des Indikators für Gebäude soll für die Mitgliedstaaten fakultativ sein.
Die Arbeiten zur Entwicklung des SRI – zusammen mit den EU-Mitgliedstaaten und Interessenträgern anhand von 350 Testprojekten – sind inzwischen abgeschlossen. Die Kommission hat nach abschließender Konsultation mit den Mitgliedstaaten delegierte Rechtsakte veröffentlicht, um eine gemeinsame Anwendungsmethode in der EU sicherzustellen. Auf dieser Grundlage soll jeder Mitgliedstaat selbst entscheiden, ob er den SRI als freiwillige Anwendung nutzen möchte.
LEVEL(S) – BEWERTUNGSRAHMEN FÜR DIE UMWELTLEISTUNG VON GEBÄUDEN
In der europäischen Klimaschutzpolitik steht der Bausektor im Fokus vieler Betrachtungen. Als regeneratives Wirtschaftssystem, in dem Ressourcen und Energieverbrauch minimiert werden sollen, ist der Bausektor ein wichtiger Pfeiler der Kreislaufwirtschaft.
Die Europäische Kommission hat in Zusammenarbeit mit Interessenvertretern des Gebäudesektors einen freiwilligen Bewertungsrahmen für die Umweltleistung von Gebäuden entwickelt.
Die Kernindikatoren, die sogenannten „Levels“, die in diesem Rahmen zusammengefasst wurden, sollen Aufschluss über die Ressourceneffizienz von Gebäuden geben. Ziel des Bewertungsrahmens ist, in einer „europäischen gemeinsamen Sprache“ die Umweltleistung von Gebäuden zu überprüfen, vergleichbare Informationen über die Nachhaltigkeit von Gebäuden zu geben und darzulegen, inwieweit Verbesserungen durchgeführt werden können.
Es geht um die Überprüfung der Treibhausgasemissionen im gesamten Lebenszyklus des Gebäudes, ressourceneffiziente Materiallebenszyklen, effiziente Nutzung von Wasserressourcen, gesunde und komfortable Räume, Anpassung und Widerstandsfähigkeit des Gebäudes gegenüber dem Klimawandel, die Kosten des gesamten Lebenszyklus und den Wert des Gebäudes. Level(s) richtet sich als freiwilliges Instrument auch die Architektenschaft und kann in Planungsprozessen angewendet werden.
Nach einer zweijährigen Testphase und der anschließenden Auswertung, welche im September endete, wurde am 14. Oktober die endgültige Fassung von Level(s) veröffentlicht. Die BAK hat sich in enger Zusammenarbeit mit der Architektenkammer Baden-Württemberg und dem Architects’ Council of Europe (ACE) an der Testphase beteiligt und eine Stellungnahme mit Vorschlägen zur Verbesserung des Tools verfasst. Ihre Vorschläge – so wie eine einfachere Handhabung und die Freiwilligkeit des Tools – sind in die endgültige Fassung eingeflossen. Das Handbuch wurde überarbeitet und benutzerfreundlicher gestaltet, so sind jetzt beispielsweise Schritt-für-Schritt-Anleitungen eingearbeitet. Zudem wurde die Möglichkeit geschaffen, Gestaltungsprinzipien in den Baukonzepten und Bauaktivitäten für jeden Indikator anzuwenden.
Damit soll eine qualitativ hochwertige Nutzung von Level(s) auch in den frühen Phasen der Gebäudeplanung möglich sein. Ebenso kann Level(s) flexibel ganz oder teilweise angewendet und mit anderen Zertifizierungsangeboten, wie z.B. dem der DGNB, kombiniert werden.