EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED)

Europäische Leitlinie für Energieeffizienz

Die Europäische Kommission hat am 14. Juli 2021 ihre Überarbeitung der Energieeffizienzrichtlinie (Energy Efficiency Directive, EED) vorgelegt. Die überarbeitete Richtlinie gehört zum ersten Teil des klimapolitischen Großprojektes „Fit for 55“, mit dem die gesamte europäische Gesetzgebung in Energie- und Klimafragen neu aufgestellt werden soll. Zusammen mit dieser Richtlinie wurde auch der Vorschlag für die Überarbeitung der Richtlinie für Erneuerbare Energien (RED) und im zweiten Teil im Dezember 2021 der Vorschlag für die EUEU Europäische Union-Gebäuderichtlinie (EPBDEPBD Energy Performance of Buildings Directive) veröffentlicht. Die BAKBAK Bundesarchitektenkammer hat eine Stellungnahme zum Kommissionsentwurf der EED verfasst und an die entsprechenden EU-Gremien weitergeleitet.




Zusammenfassung der Neuregelungen

Neues verbindliches EU-Ziel beim Energieverbrauch bis 2030

Im Kommissionsvorschlag ist in den Artikeln 1 und 4 ein höheres verbindliches Energieeffizienzziel der Union für den Endenergie- und Primärenergieverbrauch sowie indikative nationale Energieeffizienzbeiträge festgelegt. Der Energieverbrauchs soll danach bis 2030 um mindestens 9 % im Vergleich zum Jahr 2020 (bisherige Referenz: 2007) gesenkt werden. Den Mitgliedsstaaten wird zudem eine Formel zur Berechnung ihrer Beiträge vorgegeben. Jeder EU-Mitgliedsstaat muss seinen nationalen Beitrag für Zielerreichung (Anhang I: „Indikative Formel mit objektiven Kriterien“) sowie indikativen Zielpfad festlegen.

Erhöhung der Einsparverpflichtung ab 2024

Ab 2024 soll nach Artikel 8 der Richtlinie eine erhöhte Einsparverpflichtung von 1,5 % pro Jahr (bisher 0,8 %) für alle Mitgliedsstaaten gelten.

Stärkung der Vorbildfunktion des öffentlichen Sektors

Die Senkung des Energieverbrauchs im öffentlichen Sektor soll um 1,7 % pro Jahr erfolgen. Daneben soll laut Art. 6 der Richtlinie eine jährliche Renovierungspflicht für die Gesamtfläche öffentlicher Gebäude von mindestens 3 % gelten. Bisherige Befreiungstatbestände für denkmalgeschützte Gebäude entfallen ersatzlos.

Neue Ansätze beim Efficiency-First-Prinzip

Es sind neue Ansätze zur Operationalisierung des „Efficiency First“-Grundsatzes enthalten. Dazu wird nach dem Kommissionsvorschlag ein neuer Artikel 3 eingeführt, um die bereits in Artikel 1 allgemein gestärkte Rolle der Energieeffizienz zu untermauern.


Bewertung der Neuregelungen

Die BAK begrüßt den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Überarbeitung der EU-Energieeffizienzrichtlinie zur Stärkung der Energieeffizienz. In vielen Bereichen wurden verbindliche Ziele gesetzt und/oder verschärft, Geltungsbereiche ausgeweitet sowie Ausnahmen und mögliche Schlupflöcher abgebaut.


„Efficiency-First-Prinzip“

Auch wenn die BAK die Stärkung der Energieeffizienz an sich begrüßt, so warnt sie gleichzeitig davor, das mit Artikel 3 eingeführte Prinzip „Efficiency First“ zu einseitig auszulegen. Energieeffizienz als Strategie und Bewertungsgrundlage ist zwar unverzichtbar, um die Volkswirtschaften der EU und insbesondere den Gebäudebereich den Klimazielen entsprechend zu transformieren. Andererseits läuft eine zu einseitige Auslegung dieses Prinzips dem Erreichen volkswirtschaftlich kostenoptimaler Lösungen zuwider. „Efficiency First“ darf nicht dazu führen, dass andere energiepolitische Ziele wie Versorgungs- und Systemsicherheit, Bezahlbarkeit und die Integration erneuerbarer Energieträger in die Volkswirtschaften in den Hintergrund treten.

Zudem ist es zu kurz gedacht und in Hinblick auf die angestrebte Klimaneutralität des Gebäudebestands nicht zielführend, die Energieeffizienz nur für die Nutzungsphase zu betrachten. Im Lebenszyklus von Gebäuden gibt es immer drei Phasen: Herstellung, Nutzung und Rückbau. Bei der Energieeffizienz sollten entsprechend neben der Nutzung auch die Phasen „Herstellung“ und „Rückbau“ und die hier aufgewendete Energie (graue Energie) berücksichtigt werden.

Für die Erreichung eines klimaneutralen Gebäudebestands bedarf es eines Ansatzes, der Effizienz, Konsistenz und Suffizienz vereint. Es sollten daher immer umfassendere Ansätze für die Schaffung einer nachhaltigen baulichen Umwelt – wie Aspekte der Kreislaufwirtschaft und der Ressourceneffizienz – berücksichtigt werden.


Regelungen zum öffentlichen Sektor und deren Verankerung in der EED

Positiv werden die Vorschläge zur Stärkung der Vorbildfunktion des öffentlichen Sektors sowie die Anhebung der energetische Sanierungsrate öffentlicher Gebäude auf drei Prozent pro Jahr bewertet. Allerdings ist die Adressierung in der Energieeffizienz-Richtlinie (EED) an falscher Stelle gesetzt. Neubau und Gebäudebestand werden in der Gebäuderichtlinie geregelt, deren Novellierung ebenfalls aktuell läuft. Im EPBD-Vorschlag der EU-Kommission sind auch Pflichten für den Bestand an öffentlichen Gebäuden enthalten. Es wäre also nur folgerichtig, die Bestimmungen zur Renovierungsquote und zu den energetischen Mindestanforderungen für öffentliche Gebäude konsequent in einer Richtlinie, der EPBD, zusammenzuführen.

Aus Sicht der BAK ist die Regelung vor dem Hintergrund der Vorbildfunktion öffentlicher Gebäude als Mindeststandard auch noch zu wenig ambitioniert. Der Niedrigstenergiegebäudestandard wird schon in wenigen Jahren veraltet sein; insbesondere, was die Anforderungen an die Mindestabdeckung des Energiebedarfs mit erneuerbaren Energien angeht. Gebäude, die heute renoviert werden, erfahren voraussichtlich bis 2050 keine erneute energetische Ertüchtigung. Daher droht aus Sicht der BAK mit der Forderung nach einem Niedrigstenergiegebäudestandard die Gefahr eines Lock-In-Effekts.

Bei öffentlichen Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen, soll nach dem Vorschlag der Kommission die Sanierungspflicht uneingeschränkt ohne Ausnahmen gelten. Diese Gebäude lassen sich allerdings wesentlich schwieriger energetisch sanieren, will man dabei ihre identitätsstiftenden Erscheinung wahren. Die ausnahmslose Pflicht zur Einhaltung von Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz könnte bei einigen dieser Gebäude eine Zerstörung ihres Wertes für die Kulturlandschaft bedeuten und (regional) individuelle Ortsbilder sowie die Vielfältigkeit unseres Kulturerbes vernichten. Deshalb fordert die BAK einen Befreiungstatbestand ähnlich dem in der Gebäuderichtlinie (EPBD) in Bezug auf die energetischen Mindestanforderungen der EED.


Verzahnung und Kohärenz der europäischen Vorgaben

Es wird in diesem Zusammenhang begrüßt, dass mit der Neufassung der EED auch die Erneuerbare Energien Richtlinie (RED) überarbeitet und Gebäudeeffizienz Richtlinie (EPBD) geändert wird. Eine ganzheitliche, verzahnte Betrachtung von Effizienz und erneuerbaren Energien ist im Gebäudebereich unerlässlich. Bestehenden und zukünftig zu erwartenden Überschneidungen mit anderen EU-Richtlinien und Politiken sind in diesem Zusammenhang zu beseitigen. Nur so können Doppelspurigkeit und Widersprüche vermieden, die europäische Energie und Klimapolitik klarer strukturiert und für Bürger und Gesetzanwender in der EU transparenter gestaltet werden. Dadurch verbessert sich auch die Akzeptanz der Maßnahmen.

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