EU-Erneuerbare-Energien-Richtlinie

EU-Leitlinie für erneuerbare Energien

Die Europäische Kommission hat am 14. Juli 2021 ihre Überarbeitung der Richtlinie für Erneuerbare Energien (Renewable Energy Directive, RED) vorgelegt. Die überarbeitete Richtlinie gehört zum ersten Teil des klimapolitischen Großprojektes „Fit for 55“, mit dem die gesamte europäische Gesetzgebung in Energie- und Klimafragen neu aufgestellt werden soll. Zusammen mit dieser Richtlinie wurde auch der Vorschlag für die Überarbeitung der Energieeffizienzrichtlinie (EED) und im zweiten Teil im Dezember 2021 der Vorschlag für die EUEU Europäische Union-Gebäuderichtlinie (EPBDEPBD Energy Performance of Buildings Directive) veröffentlicht. Die BAKBAK Bundesarchitektenkammer hat eine Stellungnahme zum Kommissionsentwurf der RED verfasst und an die entsprechenden EU-Gremien weitergeleitet.

Das EU-Parlament hat die Änderungen im September verabschiedet und der EU-Rat die Novelle im Oktober angenommen. Somit steigt das verbindliche Ziel für den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch der Union im Jahr 2030 von bislang 32 auf 42,5 Prozent. Darüber hinaus sind sich die Staaten einig, ein unverbindliches Ziel von 45 Prozent erneuerbarer Energie am Endenergieverbrauch im Gebäudebereich anzustreben.




Zusammenfassung der wichtigsten Neuregelungen für den Berufsstand

  • Anhebung des Anteils erneuerbarer Energie am Bruttoendenergieverbrauch von 32 Prozent auf mindestens 42,5 Prozent bis 2030 (Art. 3)
  • Einführung eines indikativen, unionsweiten 2030-Ziels eines Anteils von 45 Prozent erneuerbarer Energie am Endenergieverbrauch im Gebäudebereich (Art. 15a)

Bewertung der Neuregelungen

Die BAK unterstützt die Ziele der Erneuerbaren Energien Richtlinie (RED) und hält die darin adressierten Themenfelder für relevant zur Erreichung dieser Ziele. Vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Lage erscheint die EU-weite Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energien langfristig nicht mehr nur als klimapolitisches, sondern auch als sicherheitspolitisches Gebot.


Anhebung des Anteils erneuerbarer Energien

Die BAK begrüßt die vorgesehene Anhebung des Anteils erneuerbarer Energie am Bruttoendenergieverbrauch von 32 Prozent auf mindestens 40 Prozent bis 2030. Die Anhebung des Anteils ist nicht nur klimapolitisch unabdingbar, sondern sie schafft die geopolitisch dringend notwendige Unabhängigkeit der EU von Energielieferungen aus Drittstaaten.

Die Anhebung des Anteils auf 49 Prozent erneuerbarer Energien im Gebäudesektor ist aus Sicht der BAK zwar grundsätzlich erstrebenswert, angesichts der bisherigen Fortschritte jedoch sehr ambitioniert. Der Anteil erneuerbarer Energien an der Beheizung und Kühlung von Gebäuden betrug im Jahr 2019 im europäischen Durchschnitt rund 22 %, in Deutschland knapp 15 %. Bei der Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien in der Gebäudeenergieversorgung sind vor allem die lange Investitionszyklen sowie eine konstant niedrige Sanierungsrate herausfordernd. Vor dem Hintergrund dieser Ausgangslage bewertet die BAK das formulierte Ziel eines 49-prozentigen Anteils erneuerbarer Energien im Gebäudebereich bis 2030 als nur schwer erreichbar.

Nach Ansicht der BAK ist zudem eine umfassende und klare Neuformulierung der Bezugsgrößen, die eine sinnvolle Weiterführung etablierter nationaler Bilanzgrenzen erlaubt. So ist z.B. die Definition der in Art. 15a enthaltenen Bilanzgrenze „building sector“ unklar. Die Gebäude betreffenden Inhalte der im Rahmen des Fit-for-55 Pakets überarbeiteten Richtlinien RED, EED und EPBD sollten dabei kohärent abgestimmt und eindeutig formuliert werden. Begrüßt wird insoweit, dass alle drei Richtlinien zeitgleich überarbeitet werden. Bestehende Überschneidungen oder Widersprüche sollten dabei gleich beseitigt werden. Dadurch wird die europäische Energie und Klimapolitik klarer strukturiert und für Bürger sowie Gesetzanwender in der EU transparenter gestaltet. Dadurch verbessert sich auch die Akzeptanz der Maßnahmen.


EE-Anlagenausbau auf öffentlichen Gebäuden

Die BAK begrüßt es, dass der öffentliche Sektor – seiner Vorbildfunktion gerecht werdend – beim Ausbau von EE-Anlagen auf den Dächern voran gehen soll. Es bedarf allerdings noch der Klarstellung, ob in der Regelung ausschließlich auf neu zu errichtende öffentliche Gebäude oder auch auf Bestehende Bezug genommen wird. Die Notwendigkeit des Ausbaus erneuerbarer Energien wird in Zukunft immer wichtiger werden. Grundsätzlich sollte daher jede geeignete Gebäudedachflächen dazu genutzt werden, einen Beitrag zur Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien zu leisten.

Die BAK regt zudem an, eine PV-Pflicht nicht nur für öffentliche Gebäude einzuführen, sondern grundsätzlich für alle neu errichteten Nichtwohngebäude. In einigen Bundesländern in Deutschland wurden bereits umfangreiche Solarpflichten eingeführt. Der Koalitionsvertrag der Deutschen Bundesregierung sieht zudem die Einführung einer bundesweiten Regelung vor, über die möglichst alle geeigneten Dachflächen künftig für die Solarenergie nutzbar gemacht werden sollen. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden. In dieser Richtung sollte auch die europäische Regelung gehen, um keine Potenziale ungenutzt zu lassen.

Bei der Formulierung einer PV-Pflicht müssten dann allerdings auch Ausnahmetatbestände geschaffen werden. Nur so lässt sich ein gerechter Ausgleich mit anderen Schutzzielen wie z.B. dem Denkmal- und Ortsbildschutz erreichen.


Eigenverbrauch in Gebäuden und EE-Gemeinschaften

Bei der Ausgestaltung der Maßnahmen zur Zielerreichung wird die Wichtigkeit der Steigerung des Eigenverbrauchs erneuerbarer Energien, die Förderung Erneuerbarer-Energien-Gemeinschaften und der lokalen Energiespeicherung betont. Die BAK sieht allerdings angesichts der nach wie vor bestehenden rechtlichen und wirtschaftlichen Hürden für Erneuerbarer-Energien-Gemeinschaften in Deutschland Handlungsbedarf beim nationalen Gesetzgeber.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hat bei seiner Novellierung im Sommer 2021 keine für die wirtschaftliche Attraktivität energetischer Quartiersversorgungskonzepte erforderliche rechtliche Gleichstellung einer kollektiven Eigenversorgung innerhalb eines Gebäudes mit der individuellen Eigenversorgung gebracht. Die nach wie vor im EEG geforderte Personenidentität zwischen Anlagenbetreiber und Stromverbraucher verhindert, dass gemeinsam handelnde Eigenversorger eine Anlage zur Eigenversorgung auch gemeinsam betreiben können. Auch die rechtlich inzwischen zugelassenen Mieterstrommodelle setzen dieses Recht nicht um, da sie lediglich eine Belieferung von Mietern mit Strom aus EEG-Anlagen erfassen. Damit werden schon nicht die durch die RED II von 2018 eingeräumten Erleichterungen der gemeinschaftlichen Nutzung von lokal erzeugter Solarenergie durch den deutschen Gesetzgeber weitergereicht. Letztlich wird damit Ökostrompotenzial verschenkt.

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