Berlin, 22.2.2024 | Im Januar 2024 führte die Bundesarchitektenkammer (BAKBAK Bundesarchitektenkammer) in Zusammenarbeit mit den Architektenkammern der Länder erneut eine Konjunkturbefragung unter selbstständigen Kammermitgliedern durch. Die Auswertung der Antworten zeigt, dass sich die Geschäftslage zum Jahresbeginn 2024 im Vergleich zur Befragung 12 Monate zuvor verschlechtert hat.
Die wirtschaftliche Lage der meisten Büros ist derzeit noch gut oder befriedigend und rund 90 Prozent der Befragten sehen die Existenz des eigenen Büros nicht in Gefahr. Doch die Zeichen für eine Krise verdichten sich, denn die Hälfte der Befragten muss sich mit Projektpausen, -rückstellungen oder -absagen auseinandersetzen und die Sorge vor unzureichender Nachfrage wächst. Schon jetzt kann die Mehrheit der Befragten nicht im gleichen Umfang Neuaufträge akquirieren wie in den vergangenen Jahren. Die Hälfte der befragten Architekten, Innenarchitektinnen, Landschaftsarchitekten und Stadtplanerinnen rechnet für die kommenden 12 Monate sogar mit einer weiteren Verschlechterung der Lage des eigenen Büros. Gestiegene Materialkosten, hohe Zinsen und langwierige Genehmigungsprozesse sind die meistgenannten Risikofaktoren. Trotz dieser Entwicklung gibt die Mehrheit der Befragten an, kein Personal abbauen zu wollen.
„Viele wichtige Bauprojekte, allen voran die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, sind durch die Abkühlung der Baukonjunktur unmittelbar betroffen und wir betrachten die Zurückhaltung bei öffentlichen und privaten Investitionen mit großer Sorge. Jetzt geht es um Beständigkeit und Klarheit in einer Förderlandschaft, die Nachhaltigkeit und Innovation in die Breite tragen kann,“ sagt Andrea Gebhard, die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer. „Warum kommen wir bei der Schlüsselaufgabe Bürokratieabbau nicht schneller voran? Die Reduzierung von Normen und Standards kann gerade bei der Senkung von Baukosten einen Beitrag leisten. Innovative Ideen müssen im Mittelpunkt stehen, damit wir die Bauwende voranbringen.“
Andrea Gebhard ergänzt: „Gleichzeitig kann man feststellen, dass die Architektenschaft im Gegensatz zu anderen Branchen keine Freisetzung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern plant. Der Berufsstand der Architekten ist trotz aller Krisenzeichen willens, den Personalbestand zu halten. 76 Prozent der Büros wollen den Personalbestand halten, selbst wenn sich die Lage verschlechtern sollte. Nur 15 Prozent planen, Personal abbauen zu müssen – genauso viele wie zusätzliches Personal einstellen wollen. Für mich heißt das, dass der Berufsstand sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst ist.“
Zentrale Ergebnisse
Zum Jahresanfang 2024 leiden die Architekturbüros vor allem unter der sinkenden Nachfrage in den Bereichen freier und geförderter Wohnungsbau sowie im Ein- und Zweifamilienhausbau. Innenarchitekturbüros sind zudem besonders betroffen durch eine schlechte Auftragslage im Einzelhandel, beim Messebau und in der Hotellerie. Stabiler ist die Auftragslage in den Bereichen Industriebau, bei Freizeit-, Tourismus- und Kulturbauten sowie Gebäuden des Gesundheits- und Bildungswesens. Besonders bedenklich: Langwierige Genehmigungsprozesse werden mittlerweile als vergleichbar großes Problem angesehen wie fehlende Aufträge.
Weitere Ergebnisse im Detail
- 23 Prozent der selbstständigen Kammermitglieder bezeichnen die Situation des eigenen Büros als schlecht, 41 Prozent als gut, 36 Prozent als befriedigend. Insgesamt eine Verschlechterung zum Vorjahr (von 14 Prozent schlecht bis 53 Prozent gut).
- 39 Prozent der Büros geben an, unterausgelastet zu sein, nur 7 Prozent sind stark überlastet. Der Auslastungsgrad ist damit geringer als im Januar 2023.
- Gründe für die konjunkturelle Eintrübung liegen darin, dass im Vergleich zum Umbau und Erweiterungen insbesondere der (Wohnungs-)Neubau von Auftragsrückgängen betroffen ist. 2/3 der Befragten berichten hier von verschlechterter Auftragslage. Landschaftsarchitektinnen und Stadtplaner bewerten insgesamt die Geschäftslage besser als Hochbauarchitektinnen und Innenarchitekten. Insbesondere von privaten Auftraggebern kommen derzeit weniger Aufträge als im Vorjahr.
- Für die nächsten 12 Monate erwartet mit 50 Prozent die Hälfte der Büroinhaberinnen und Büroinhaber eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Büros. Nur 15 Prozent rechnet mit einer Verbesserung der Situation.
- Deutlich seltener als noch im Januar 2023 werden Lieferengpässe bei Baumaterial und die Verfügbarkeit von Handwerkern genannt.
- 41 Prozent der Architekten sehen in steigenden Baukosten aufgrund hoher Nachhaltigkeitsstandards ein Problem.
Der Blick in die Zukunft zeigt etwas Licht am Ende des Tunnels. Auch wenn viele Architektinnen und Architekten derzeit kaum Neuaufträge abschließen können, sehen die meisten die aktuellen Herausforderungen nicht als bleibendes Problem.
Hintergrund
Vom 15.1. bis 22.1.2024 befragte die BAK die selbstständig tätigen Mitglieder der Architektenkammern aller Länder online zur konjunkturellen Lage und der erwarteten wirtschaftlichen Entwicklung der Büros. Gegenstand der Befragung sind die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine und der damit verbundenen Energiekrise, außerdem steigende Preise, Liefer- und Personalengpässe durch die Entwicklung der baukonjunkturellen Lage sowie die wirtschaftliche Situation in Architektur- und Planungsbüros.
Insgesamt beteiligten sich 3.981 Architektinnen, Innenarchitekten, Landschaftsarchitektinnen und Stadtplaner an der Befragung.